Die Kanzleipflicht ist in § 27 Abs. 1 BRAO geregelt: „Der Rechtsanwalt muss im Bezirk der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied er ist, eine Kanzlei einrichten und unterhalten.“
Mindestanforderungen an eine Rechtsanwaltskanzlei
Gemäß § 5 BORA ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die für seine Berufsausübung erforderlichen sachlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen vorzuhalten.
Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den Mindestanforderungen, die an eine Kanzlei zu stellen sind, mindestens ein Raum, dessen Kenntlichmachung nach außen durch ein auf die Kanzlei hinweisendes Kanzleischild erfolgt, ein betrieblicher Telefonanschluss sowie ein Briefkasten um Zustellungen bewirken zu können. Ein Kanzleischild oder zumindest ein Praxishinweis in Form eines Klingel-/Briefkastenschildes mit Berufsbezeichnung ist dabei ein deutlicher Hinweis für das rechtssuchende Publikum auf das Anbieten anwaltlicher Dienstleistungen.
Verlegung des Kanzleisitzes …
- innerhalb des Bezirks der Rechtsanwaltskammer München
Bei Verlegung des Kanzleisitzes innerhalb des Bezirks der Rechtsanwaltskammer München ist der Kammer gemäß § 27 Abs. 2 BRAO unverzüglich die neue Kanzleiadresse anzuzeigen. Das Formular finden Sie hier.
- in den Bezirk der Rechtsanwaltskammer München
Verlegt ein Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin die Kanzlei von einem anderen Kammerbezirk in den Kammerbezirk der RAK München, so ist bei der RAK München gemäß § 27 Abs. 3 BRAO ein Aufnahmeantrag zu stellen. Die RAK München nimmt den Rechtsanwalt auf, sobald er die Verlegung der Kanzlei in ihren Bezirk nachgewiesen hat. Mit der Aufnahme erlischt die Mitgliedschaft in der bisherigen Rechtsanwaltskammer. Das Formular für den Aufnahmeantrag finden Sie hier.
- in den Bezirk einer anderen Rechtsanwaltskammer
Verlegt ein Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin die Kanzlei von dem Kammerbezirk der RAK München in einen anderen Kammerbezirk, so ist bei der für den neuen Kanzleisitz zuständigen Rechtsanwaltskammer gemäß § 27 Abs. 3 BRAO ein Aufnahmeantrag zu stellen. Die RAK München wird dann von der anderen Rechtsanwaltskammer über die Aufnahme benachrichtigt und die Mitgliedschaft bei der RAK München erlischt.
Die Links zu den anderen regionalen Rechtsanwaltskammern in Deutschland finden Sie hier.
Zweigstelle und weitere Kanzlei
Eine Zweigstelle ist ein weiterer Standort, der abhängig von der Hauptkanzlei geführt wird.
Beispiel: Herr Müller hat eine Kanzlei (Kanzlei Müller) in Erding und einen weiteren Standort der Kanzlei (ebenfalls Kanzlei Müller) in München. Die Kanzlei in Erding ist seine Hauptkanzlei. Bei der Kanzlei in München handelt es sich um eine Zweigstelle.
Eine weitere Kanzlei ist ein zusätzlicher Standort, der organisatorisch nicht an die Hauptkanzlei gebunden ist.
Beispiel: Herr Müller hat eine Kanzlei (Kanzlei Müller) in Erding. In München arbeitet er aber auch bei der Sozietät Max & Mustermann. Hierbei handelt es sich um eine weitere Kanzlei.
1. Anzeigepflicht
Nach § 27 Abs. 2 S. 1 BRAO ist sowohl die Errichtung einer Zweigstelle als auch die einer weiteren Kanzlei der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied der Rechtsanwalt ist, unverzüglich anzuzeigen. Wird die weitere Kanzlei oder Zweigstelle in einem anderen Kammerbezirk errichtet, hat die Anzeige gemäß § 27 Abs. 2 S. 2 BRAO auch bei der dortigen Rechtsanwaltskammer zu erfolgen. Eine Mitgliedschaft in der dortigen Rechtsanwaltskammer ist damit nicht verbunden.
2. beA
Für eine Zweigstelle wird kein besonderes elektronisches Anwaltspostfach eingerichtet. Für die weitere Kanzlei wird gemäß § 31a Abs. 7 S. 1 BRAO zwingend ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach eingerichtet. Das bedeutet, dass für eine weitere Kanzlei eine weitere SAFE-ID generiert wird und eine weitere beA-Karte bestellt werden muss.
Befreiung von der Kanzleipflicht
Der Rechtsanwalt kann nach § 29 Abs. 1 S. 1 BRAO oder nach § 29 a Abs. 2 BRAO die Befreiung von der Kanzleipflicht beantragen.
Befreiung von der Kanzleipflicht zur Vermeidung von Härten
§ 29 Abs. 1 S. 1 BRAO regelt die Befreiung aus Härtegründen. Ein Härtegrund wird insbesondere angenommen bei Krankheit, hohem Alter, Elternzeit oder einer Auslandsfortbildung bzw. Promotion.
Befreiung von der Kanzleipflicht wegen Einrichtung einer Kanzlei im Ausland
Eine Befreiung von der Kanzleipflicht im Inland kann beantragt werden, wenn der Kanzleisitz ins Ausland verlegt wird. Die Rechtsanwaltskammer befreit gem. § 29a Abs. 2 BRAO einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin von der Kanzleipflicht im Inland, wenn ausschließlich in einem anderen Staat eine Kanzlei eingerichtet wird und nicht überwiegende Interessen der Rechtspflege entgegenstehen.
Antrag auf Kanzleipflichtbefreiung
Um einen Antrag auf Kanzleipflichtbefreiung zu stellen, bitten wir folgendes Formular ausgefüllt und unter Beigabe der hierin genannten Unterlagen einzureichen. Erforderlich ist dabei stets die Vorlage eines Nachweises, aus welchem sich der Grund für die Befreiung ergibt (z. B. eine Bestätigung der Kanzlei, für die man tätig ist; die Bestätigung der Universität, an der man sich dort fortbildet u. ä.).
Zustellungsbevollmächtigter bei Kanzleipflichtbefreiung
Nach § 30 Abs. 1 BRAO hat der Rechtsanwalt, der von der Kanzleipflicht befreit werden möchte, der Rechtsanwaltskammer einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Der Rechtsanwalt hat dem Zustellungsbevollmächtigten einen Zugang zu seinem besonderen elektronischen Anwaltspostfach einzuräumen. Der Zustellungsbevoll-mächtigte muss zumindest befugt sein, Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen und elektronische Empfangsbekenntnisse abzugeben.
Der Zustellungsbevollmächtigte muss nicht zwingend selbst Rechtsanwalt sein.