Pflicht zum Unterhalt einer Berufshaftpflichtversicherung gem. § 51 BRAO
Der Nachweis über das Bestehen dieses Versicherungsschutzes ist durch Vorlage der sog. „Musterbestätigung gem. § 51 BRAO“ durch den Rechtsanwalt zu erbringen. Diese wird von der Versicherung zur Vorlage bei der Rechtsanwaltskammer ausgestellt. Die Vorlage eines Versicherungsscheins genügt dagegen nicht.
Im Rahmen des Verfahrens auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist es gängige Praxis, mit den sonstigen erforderlichen Zulassungsunterlagen eine vorläufige Deckungsbestätigung des Berufshaftpflicht-Versicherers vorzulegen. Der endgültige Versicherungsnachweis wird dann nach erfolgter Zulassung erteilt.
Was bei einer Lücke im Versicherungsschutz zu beachten ist
Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, während der Dauer der Zulassung eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten, da andernfalls der Widerruf der Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO erfolgt. Die Versicherer sind verpflichtet, den Rechtsanwaltskammern als Aufsichtsorgan den Beginn und die Beendigung oder Kündigung des Versicherungsvertrages sowie jede Änderung, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigt, unverzüglich mitzuteilen.
Besteht eine Lücke im Versicherungsschutz, stellt dies eine Berufspflichtverletzung dar, die berufsrechtlich geahndet werden kann (vgl. BGH vom 29.01.1996 – AnwZ (B) 47/95 – BRAK-Mitt. 1996, 121f). Der Rechtsanwalt hat daher dafür Sorge zu tragen, dass eine entstandene Lücke in der Berufshaftpflichtversicherung umgehend wieder geschlossen wird.
Entstand die Lücke im Rahmen eines durch den Versicherer eingeleiteten Mahnverfahrens, kann durch Überweisung der Prämie, welche die Versicherung für die entstandene Lücke im Versicherungsschutz in Rechnung stellt, wieder lückenloser Versicherungsschutz hergestellt werden.
Ist die Lücke in der Berufshaftpflichtversicherung durch ein sonstiges Versäumnis entstanden (z. B. durch eine unterbrochene Anschlussversicherung im Rahmen eines Kammer- oder Kanzleiwechsels), kann durch eine Rückwärtsversicherung (§ 2 VVG) wieder lückenloser Versicherungsschutz hergestellt werden.
Nachweis der Berufshaftpflichtversicherung bei Befreiung von der Kanzleipflicht und/oder Tätigkeit in einem anderen EU-Staat
Häufig legen Rechtsanwälte, die im europäischen Ausland tätig, aber auch in Deutschland zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind, der Rechtsanwaltskammer Bestätigungen ausländischer Versicherungen vor, die nicht anerkannt werden können, da sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Hierbei ist zu beachten, dass gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 BRAO die Versicherung bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen zu den nach Maßgabe des Versicherungsaufsichtsgesetzes eingereichten allgemeinen Versicherungsbedingungen abgeschlossen werden muss. Dies schließt nicht aus, dass die Haftpflichtversicherung bei einem ausländischen Versicherungsunternehmen abgeschlossen wird. Versicherungsunternehmen mit Sitz außerhalb Deutschlands in anderen EU/EWR-Staaten sind befugt als EWR-Dienstleister das Versicherungsgeschäft in Deutschland zu betreiben. Sie fallen aber in den Anwendungsbereich des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), weshalb darauf zu achten ist, dass ihnen von der zuständigen Aufsichtsbehörde, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Erlaubnis hierzu erteilt worden sein muss.
Um sicher zu gehen, dass ihre Versicherungsbestätigung anerkannt werden kann, sollten Rechtsanwälte, die beabsichtigen bei einer solchen ausländischen Versicherungsgesellschaft die Berufshaftpflichtversicherung für ihre Zulassung in Deutschland abzuschließen, überprüfen, ob sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.
Ferner ist zu beachten, dass in jedem Fall die internationale Haftpflichtversicherung inhaltlich den Anforderungen des § 51 BRAO entsprechen muss, und dass der Text der Versicherungsbestätigung auch dementsprechend verfasst ist.
Von diesen grundsätzlichen Erfordernissen kann nicht im Hinblick auf eine – auch schwerpunktmäßige – Parallelzulassung und -tätigkeit in einem anderen EU-Staat befreit werden. Die Verpflichtung zur Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung trifft auch den Rechtsanwalt, der von der Kanzleipflicht in Deutschland befreit ist, und seine Kanzlei nur im Ausland eingerichtet hat (BGH AnwZ (B) 38/97). Erst recht trifft sie solche Anwälte, die zumindest auch tatsächlich in Deutschland tätig sind. Nach der Entscheidung des Bundesgerichthofes vom 04.12.2006 – AnwZ (B) 106/05 kommt es auch nicht zu einer anderen Beurteilung, wenn der in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt keine anwaltliche Tätigkeit in Deutschland ausübt.
Hinsichtlich des Erfordernisses, eine Berufshaftpflichtversicherung gem. § 51 BRAO unterhalten zu müssen, kommt es entscheidend darauf an, dass für den Rechtsanwalt die Berechtigung besteht, trotz Verlegung seiner Tätigkeit ins Ausland, seinen Beruf in Deutschland ausüben zu können.
Mitversicherung über die Berufshaftpflichtversicherung der Kanzlei
Von angestellten Rechtsanwälten, die über den Arbeitgeber in einer Gruppenversicherung mitversichert sind, ist zu berücksichtigen, dass sie nicht von der Verpflichtung befreit sind, außerdem noch eine eigene Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung zu unterhalten (vgl. Henssler/Prütting-Stobbe, BRAO, 4. Auflage, 2014,§ 51 BRAO, Rn. 20). Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist vom Gesetzgeber generell an den Unterhalt einer persönlichen Berufshaftpflichtversicherung geknüpft, egal ob er den Beruf als Einzelanwalt, angestellter Rechtsanwalt, freier Mitarbeiter, in Bürogemeinschaft, Sozietät, Partnerschaft oder in einer Rechtsanwaltsgesellschaft ausübt.
Auch der angestellte Rechtsanwalt kann als Pflichtverteidiger oder im Rahmen der PKH beigeordnet werden. Nicht die Sozietät, sondern der einzelne Rechtsanwalt übernimmt dann die anwaltlichen Pflichten (Braun, „Berufshaftpflichtversicherung“, BRAK-Mitt. 1994, S 202 ff). Folglich muss dann auch die eigene Berufshaftpflichtversicherung des Anwalts den haftungsrechtlichen Schutz für diesen Bereich seiner Berufsausübung übernehmen.
Der in einer Kanzlei angestellte und dort mitversicherte Rechtsanwalt erhält auf seine eigene Police einen Rabatt von 80 %, da das überwiegende Haftungsrisiko durch die gleichzeitig bestehende Mitversicherung in der Kanzlei abgedeckt ist (BRAK-Mitt. 1994, S. 202 ff.; AnwBl 1995, S. 234 ff.). Haftungsrechtliche Regressansprüche, die der Arbeitgeber u.U. gegenüber dem angestellten Rechtanwalt im Innenverhältnis geltend machen kann, richten sich nach den allgemeinen Grundsätzen des BAG über die Arbeitnehmerhaftung (vgl. BAG, NJW 1995, 210; Schnorbus, MDR 1994, 961 m.w.N.).
Soweit das Risiko der Tätigkeit des Arbeitnehmers versicherbar ist, haftet der angestellte Rechtsanwalt dem Arbeitgeber nur in Höhe der nicht von der Versicherung abgedeckten Beträge (also Selbstbeteiligung und eigene Gebühren (vgl. BAG, AP § 611 BGB – Haftung des Arbeitnehmers, Nr. 92; Schnorbus MDR 1994, 961, 965). Eine Unterversicherung geht zu Lasten des Arbeitgebers, da es dessen Obliegenheit ist, ausreichenden Versicherungsschutz sicher zu stellen.
Für den angestellten Rechtsanwalt wie auch für den freien Mitarbeiter empfiehlt sich überdies, vorsorglich vertragliche Haftungsvereinbarungen mit dem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn zu treffen, damit sie nicht Gefahr laufen, den von der Versicherung nicht gedeckten Schadensteil selbst tragen zu müssen (vgl. Brieske AnwBl 1992, 519; Wettlauf, AnwBl 1989, 208).
Verringerung der Versicherungskosten bei nur noch geringfügiger anwaltlicher Tätigkeit aus Altersgründen
Für den o.g. Personenkreis bieten die Versicherungsgesellschaften in der Regel eine Absicherung ihrer Tätigkeit im eigenen Namen an, die deutlich günstiger ist als die ansonsten üblicherweise zu zahlende Prämie. Dieses Angebot unterbreiten die Versicherer in der Regel nicht von sich aus. Ein entsprechender Antrag muss gestellt werden.
Rechtsanwälte, die aus Altersgründen tatsächlich nur noch geringfügig tätig sind (für die Beurteilung wird in der Regel der Jahresumsatz herangezogen), und diese Möglichkeit nutzen wollen, sollten bei ihrer Versicherung ein konkret auf die bestehende Situation abgestimmtes Angebot anfordern.
Bekanntgabe der Berufshaftpflichtversicherungsdaten durch die Rechtsanwaltskammer
Gemäß § 51 Abs. 6 S. 2 BRAO erteilt die Rechtsanwaltskammer Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über den Namen und die Adresse der Berufshaftpflichtversicherung des (ehemaligen) Rechtsanwalts sowie die Versicherungsnummer, soweit der (ehemalige) Rechtsanwalt kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat.
Die Bekanntgabe der Berufshaftpflichtversicherungsdaten nach § 51 Abs. 6 S. 2 BRAO ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 VVG ein Direktanspruch gegen den Versicherer besteht (BGH, Urteil vom 22.10.2012, Az. AnwZ (Brfg) 60/11). Bei der Prüfung des Auskunftsanspruchs müsse die Rechtsanwaltskammer vielmehr die in § 2 Abs. 1 Nr. 11 Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) zum Ausdruck kommende Wertentscheidung berücksichtigen. Danach sind ab 17.05.2010 alle Rechtsanwälte verpflichtet, ihren Mandanten Angaben über ihre Berufshaftpflichtversicherung, insbesondere den Namen und die Anschrift des Versicherers, zur Verfügung zu stellen. Dem Informationsinteresse des Mandanten werde damit gesetzlich der Vorrang vor dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und etwaigen Geheimhaltungsinteressen des betroffenen Rechtsanwalts eingeräumt.
Pflicht des Rechtsanwalts zur Bekanntgabe der Versicherungsdaten
Eine berufsrechtliche Verpflichtung des Rechtsanwalts seine Berufshaftpflichtversicherungsdaten bekannt zu geben besteht nicht.
Allerdings ist der Rechtsanwalt seit 17.05.2010 nach § 2 Abs. 1 Nr. 11 DL-InfoV verpflichtet, dem Mandanten vor Vertragsschluss Informationen zu der abgeschlossenen Berufshaftpflichtversicherung, insbesondere den Namen und die Anschrift des Versicherers und den räumlichen Geltungsbereich, zu erteilen. Welche Möglichkeiten der Rechtsanwalt hat, dem Mandanten die Informationen zukommen zu lassen, ist in § 2 Abs. 2 DL-InfoV geregelt. Insoweit besteht ein Wahlrecht.