Verfahrensvorschriften
Das Verfahren der Erlaubniserteilung ist in seinen Grundzügen in § 43c Abs. 2 BRAO geregelt. Präzisiert wird diese Vorschrift durch die §§ 17 bis 24 FAO. Demnach prüft ein vom Vorstand für jedes Fachgebiet gebildeter Vorprüfungsausschuss bzw. Fachausschuss vorab die Nachweise über den Erwerb der besonderen theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen und gibt nach eingehender Prüfung ein positives oder negatives Votum ab.
In der Rechtsanwaltskammer München gibt es derzeit 24 Fachanwaltschaften und 25 Fachausschüsse. Für die Bereiche Arbeits-, und Familienrecht gibt es jeweils zwei Fachausschüsse. In den Bereichen Urheber- und Medienrecht sowie IT-Recht wurden jeweils gemeinsame Fachausschüsse mit den Rechtsanwaltskammern Bamberg und Nürnberg gebildet. Die Rechtsanwaltskammer teilt lediglich auf gesonderten schriftlichen Antrag in laufenden Fachanwaltsantragsverfahren die Besetzung der Fachausschüsse mit.
Die Entscheidung über den Antrag obliegt bei der Rechtsanwaltskammer München der Abteilung VI des Vorstandes. Die Abteilung ist an das Votum des Fachausschusses nicht gebunden.
Antragstellung
Die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung wird auf schriftlichen Antrag gewährt. Ein entsprechendes Formular finden Sie hier.
Der Antrag umfasst in der Regel
- die Erklärung darüber, für welches Fachgebiet die Bezeichnung beantragt wird,
- den Namen und die Kanzleidaten des Antragstellers,
- das Zulassungsdatum,
- die Erklärung darüber, wie der Nachweis der theoretischen Kenntnisse geführt wird,
- die Erklärung darüber, wie der Nachweis der praktischen Erfahrungen geführt wird,
- die Erklärung darüber, ob und wie die notwendigen Fortbildungsnachweise nach Lehrgangsende - sofern erforderlich - erbracht werden, § 4 Abs. 2 FAO,
- die Erklärung, ob die Antragsgebühr bereits überwiesen wurde,
- die Erklärung, dass die Fälle persönlich und weisungsfrei bearbeitet wurden (ggf. wie der Nachweis geführt werden wird),
- die Erklärung, ob, durch wen und für welche Fachanwaltschaft die angegebenen Fälle bereits schon einmal verwertet wurden.
Als Anlage sind beizufügen
- der Nachweis der theoretischen Kenntnisse, in der Regel durch Vorlage des Nachweises über die Teilnahme am Fachanwaltslehrgang im Original
- einschließlich einer Erklärung des Veranstalters über das Lehrgangsprogramm, insbesondere, dass, wann und von wem im Lehrgang alle das Fachgebiet in § 2 Abs. 3, §§ 8 bis 14 m FAO betreffenden Bereiche unterrichtet worden sind und dass die Voraussetzungen der §§ 4 Abs. 1 und 4a FAO erfüllt sind,
- der Originalklausuren samt Klausurangabe und Bewertung, insbesondere der Zeugnisse, die das Bestehen von drei Klausuren bestätigen,
- der Nachweis der praktischen Erfahrungen, in der Regel durch Vorlage von Falllisten.
- Nach Erhalt der Rechnung wird die Antragsgebühr in Höhe von 450,00 € fällig.
Weiteres Verfahren
Nach Antragseingang erhalten Sie umgehend eine Eingangsbestätigung und Rechnung. Der Antrag wird auf Vollständigkeit geprüft. Sollten Nachforderungen erforderlich sein, wendet sich die Geschäftsstelle – um Zeitverzögerungen zu vermeiden – umgehend an Sie. Ansonsten wird der Antrag an den Vorsitzenden des Fachausschusses versendet.
Der Vorsitzende teilt die Akte einem Berichterstatter zu. Sollten Nachforderungen erforderlich sein, wendet sich der Vorsitzende oder Berichterstatter unmittelbar an den Antragsteller. Im weiteren Verlauf kann dem Antragsteller auch eine Frist gesetzt werden. Verbunden ist damit die Androhung, dass nach dem fruchtlosen Verstreichen der Frist auch nach Aktenlage entschieden werden kann.
Das Votum zu dem Antrag wird entweder im mündlichen oder schriftlichen Verfahren beschlossen. Sodann geht der Antrag wieder an die Geschäftsstelle zurück. Dort wird der Antrag zur endgültigen Entscheidung der Abteilung VI vorgelegt. Bei einem positiven Beschluss wird durch die Geschäftsstelle eine Verleihungsurkunde ausgefertigt. Bei einem negativen Beschluss ergeht ein ablehnender Bescheid.
Bearbeitungszeit
Eine genaue Angabe der Bearbeitungszeit ist der Rechtsanwaltskammer München leider nicht möglich. Die Dauer der Bearbeitung hängt von vielen Variablen ab: Verlangt der Fachausschuss zum Beispiel Nachbesserungen hinsichtlich der Fallliste, kann sich das Verfahren unter Umständen um mehrere Monate verzögern. Durchschnittlich muss jedoch mit einer Bearbeitungszeit von ca. drei Monaten gerechnet werden.
Es sollte in diesem Zusammenhang immer berücksichtigt werden, dass die Anwaltschaft das Privileg hat, sich selbstverwalten zu dürfen. Dies setzt den ehrenamtlichen Einsatz zahlreicher Kolleginnen und Kollegen voraus. Die Fachausschüsse sind mit ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen besetzt. Daher mag die Begutachtung der Anträge ein klein wenig mehr Zeit in Anspruch nehmen als gewöhnlich.
Verzögerungen mögen zudem dadurch entstehen, dass Fachausschüsse und die zuständige Abteilung VI nur einmal monatlich tagen. Gerade während der Sommerzeit oder um die Jahreswende können Sitzungen auch einmal ausfallen.
Es steht Ihnen jederzeit frei, sich bei der Geschäftsstelle nach dem Verfahrensstand zu erkundigen. Dies macht aber wohl unmittelbar nach Antragstellung wenig Sinn.
Rechtsprechung
- BGH, Urteil vom 26.11.2012, AnwZ (Brfg) 56/11
Zur Jahresfrist des § 25 Abs. 2 FAO (Widerruf einer Fachanwaltsbezeichnung wegen versäumter Fortbildung) bei wiederholten Fristsetzungen zur Nachholung. - BGH, Urteil vom 02.07.2012, AnwZ (Brfg) 57/11
Kein Wiederaufleben des Fachanwaltstitels bei Wiederzulassung „nach Zulassungslücke“ i. S. von § 32 Abs. 1 BRAO, § 43 Abs. 2 VwVfG. - BayAGH, Urteil vom 12.08.2011, Bay AGH I 9/10
Zur Unzulässigkeit des Nachschiebens von Fällen im gerichtlichen Verfahren. - AGH NRW, Urteil vom 02.05.2011, 1 AGH 85/10
Spruchreife, kam auf Arbeitsproben nicht an, da Fälle auch so ausreichend. - AGH Berlin, Beschluss vom 24.11.2008, II AGH 4/08
Kein Nachschieben von Fällen im gerichtlichen Verfahren nach Ablauf einer gesetzten Ausschlussfrist im vorherigen Verwaltungsverfahren. - AGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.2008, AGH 25/2008 (II)
Bearbeitung Antrag fünf Monate ist rechtswidrige Verzögerung. - AGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.04.2007, 2 AGH 17/06
Keine rechtswidrige Verzögerung nach § 223 Abs. 2 BRAO bei vier Monaten Bearbeitungszeit nach Antrag neuer Fachanwaltschaft.
- BGH, Urteil vom 26.11.2012, AnwZ (Brfg) 56/11