I. Gesetzliche Regelungen in BRAO und BORA
Werbung ist dem Rechtsanwalt gemäß § 43 b BRAO „nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist“. Näher geregelt ist die anwaltliche Werbung in den §§ 6 - 10 BORA. Diese behandeln insbesondere:
- Das Gebot der Sachlichkeit und Berufsbezogenheit der Werbung (§ 6 Abs. 1 BORA);
- Das Verbot der Angabe von Erfolgs- und Umsatzzahlen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 BORA);
- Hinweise auf Mandate und Mandanten (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BORA);
- Die Anwaltliche Werbung durch Dritte (§ 6 Abs. 3 BORA);
- Die Benennung von Teilbereichen der Berufstätigkeit (§ 7 BORA);
- Die Bezeichnung als Mediator (§ 7a BORA);
- Die Kundgabe beruflicher Zusammenarbeit (§ 8 BORA);
- Kurzbezeichnungen bei gemeinschaftlicher Berufsausübung (§ 9 BORA);
- Die Briefbogengestaltung (§ 10 BORA).
II. Allgemeine Grundsätze
1. Begriff der "Werbung"
Werbung ist "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern" (vgl. Art 2 lit a der Richtlinie 2006/114/EG). Anwaltliche Werbung ist nach dem BGH jedes Verhalten, das darauf abzielt, andere dafür zu gewinnen, die anwaltliche Leistung des Werbenden in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH vom 12.07.2012, AnwZ 37/11- doppelstöckige Sozietät). Der Begriff der Werbung ist damit weit zu fassen. Die Wahl der Kurzbezeichnung einer Anwaltskanzlei stellt ebenso wie die Gestaltung und Verwendung des anwaltlichen Briefkopfs oder -bogens oder der Internetauftritt Werbung dar.
2. Gebot verfassungs- und richtlinienkonformer Anwendung und Auslegung
Entgegen dem Wortlaut von § 43b BRAO ("... nur erlaubt, soweit ...) ist Werbung dem Rechtsanwalt grundsätzlich erlaubt. Nach ständiger Rechtsprechung bedarf im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG nicht die Erlaubnis der anwaltlichen Werbung, sondern deren Einschränkung einer Rechtfertigungsgrundlage (st. Rechtsprechung seit BGH vom 01.03.2001, I ZR 300/98-Anwaltswerbung II). Eine Einschränkung ist nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie im Einzelfall durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (so z. B. BGH, Urteil vom 27.01.2005, I ZR 202/02- optimale Interessenvertretung; vgl. für Zahnärzte zuletzt BVerfGE NJW 2011, 655 und 2636).
§ 43 b BRAO ist ferner seit dem 28.12.2009, dem Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie 2006/123/EG vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, richtlinienkonform dahin auszulegen, dass ein Werbeverbot nur bei einer durch eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls festzustellenden konkreten Gefährdung der unionsrechtlichen Interessen gerechtfertigt ist (BGH, Urteil vom 13.11.2013 - I ZR 15/12 - Kommanditistenbrief)). Danach sind sogenannte absolute Verbote untersagt; in Betracht kommen allein Werbeverbote, wenn sich ein Verbotsgrund im Einzelfall aus der Form, aus dem Inhalt oder aus dem verwendeten Mittel der Werbung ergibt (BGH a. a. O. Rn. 18). Die Schutzgüter, deren Beeinträchtigung eine Einschränkung der kommerziellen Kommunikation rechtfertigen können, sind neben der Unabhängigkeit, der Würde und der Integrität der Rechtsanwaltschaft sowie der Wahrung des Berufsgeheimnisses auch die Interessen der Verbraucher (BGH a. a. O. Rn. 20).
3. Keine abschließende Regelung
Im Übrigen legen § 43 b BRAO und § 6 Abs. 1 BORA nicht abschließend fest, welche Informationen im Rahmen der Werbung durch Rechtsanwälte zulässig sind. Der einzelne Berufsangehörige hat es in der Hand, in welcher Weise er sich für die interessierte Öffentlichkeit darstellt, solange er sich in dem durch schützenswerte Gemeinwohlbelange gezogenen Rahmen hält. Die Werbung darf hiernach nicht das Vertrauen der Rechtsuchenden beeinträchtigen, der Rechtsanwalt werde nicht aus Gewinnstreben zu Prozessen raten oder die Sachbehandlung an Gebühreninteressen ausrichten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008, 1 BvR 1886/06 - Anwaltsdienstleistungen bei eBay).
4. § 43 b BRAO als Marktverhaltensregelung
Eine Werbung, die sich als Verstoß gegen § 43 b BRAO erweist, ist zugleich ein Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 43 b BRAO (BGH vom 09.06.2011 ? I ZR 113/10 - zertifizierter Testamentsvollstrecker) und begründet damit auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche von Mitbewerbern und klagebefugten Einrichtungen wie der Rechtsanwaltskammer. Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht dem nicht entgegen, da sie nationale Regelungen, welche strenge Integritätsstandards für reglementierte Berufe gewährleisten, unberührt lässt (BGH, Urteil vom 01.06.2011 - I ZR 58/10 - Rechtsberatung durch Einzelhandelsverband).
III. Das Sachlichkeitsgebot
In § 6 Abs. 1 BORA wurde das Sachlichkeitsgebot wie folgt gefasst:
"Der Rechtsanwalt darf über seine Dienstleistung und seine Person informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind".
§ 43 b BRAO bezieht sich abweichend von diesem Wortlaut nicht nur auf den Werbeinhalt ("Angaben"), sondern verlangt eine sachliche Unterrichtung "in Form und Inhalt":
1. Form der Unterrichtung
Was die Form der Werbung anbetrifft, unterliegt die anwaltliche Werbung zwischenzeitlich kaum noch weitergehenden Beschränkungen als die allgemeine Wirtschaftswerbung:
E-Mail-, Fax- und Telefonwerbung ohne vorherige Einwilligung und jede sonstige Werbung, welche die angesprochenen Verkehrskreise unzumutbar belästigt, sind wettbewerbsrechtlich unzulässig (§ 7 UWG) und begründen damit auch einen Verstoß gegen § 43 b BRAO. Allerdings ist der unaufgeforderte Hausbesuch oder das Ansprechen auf öffentlichen Straßen und Gebäuden wegen des damit verbundenen persönlichen Kontaktes berufsrechtlich verboten (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, Rdnr. 11.88 zu § 4).
Internetwerbung, Informationsveranstaltungen, Rundschreiben, Pressemitteilungen, Schilderwerbung auf Straßenbahnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 981/00) oder in der U-Bahn, Plakate, Anzeigen in Zeitungen und Hörfunkspots und die Abgabe von Werbemitteln sind zulässig. Selbst aufwendige Fernsehspots und ganzseitige Anzeigen in Tageszeitungen können heute nicht mehr per se als unzulässig angesehen werden. Denn nach der Richtlinie 2006/123/EG vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist die Einschränkung der kommerziellen Kommunikation untersagt, es sei denn, sie ist durch das Ziel der Wahrung anwaltlicher Unabhängigkeit, der Würde und der Integrität der Rechtsanwaltschaft, des Berufsgeheimnisses, oder der Interessen der Verbraucher gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 13.11.2013 - I ZR 15/12- Kommanditistenbrief).
Die Verwendung von Logos und Werbeslogans, ob auf der anwaltlichen Homepage oder sonst, ist berufsrechtlich grundsätzlich nicht mehr zu beanstanden. Ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot kommt nur unter besonderen Umständen in Betracht, z. B. wenn ein Logo oder ein Werbeslogan als besonders aufdringlich oder anstößig empfunden wird. Zu beachten ist weiter, dass durch Logos oder Werbeslogans Marken oder andere Kennzeichenrechte Dritter verletzt werden können. Werbeslogans können auch unter Umständen wettbewerbsrechtlich geschützt sein. Zudem ist wie bei jeder Werbung das Irreführungsgebot zu beachten.
2. Inhalt der Unterrichtung
Weit größere praktische Bedeutung hat das Sachlichkeitsgebot in inhaltlicher Hinsicht. Insoweit kann nach Fallgruppen unterscheiden werden, wobei die Erörterung der bedeutendsten Fallgruppe unsachlicher Werbung - die Irreführung - unter Ziff. 3 in einem eigenen Abschnitt folgt.
2.1 Erfordernis der Berufsbezogenheit
Das Erfordernis, dass anwaltliche Werbung nach § 43 b BRAO "über die berufliche Tätigkeit" unterrichten muss, ist im Lichte der Berufsausübungsfreiheit großzügig auszulegen. So ist etwa eine Imagewerbung zulässig, durch welche die Öffentlichkeit nicht nur auf die Existenz und den Namen der Kanzlei hingewiesen wird, sondern auch auf die Sponsorentätigkeit bei kulturellen Ereignissen (BVerfG, Beschluss vom 17.04.2000 - 1 BvR 721/99 - Sponsoring). Der einzelne Berufsangehörige hat es im Rahmen des allgemeinen Wettbewerbsrechts in der Hand, in welcher Weise er sich für die interessierte Öffentlichkeit darstellt, solange er sich in dem durch schützenswerte Gemeinwohlbelange gezogenen Rahmen hält. Es ist nicht ersichtlich, dass der Hinweis auf eine Sponsorentätigkeit geeignet ist, das Vertrauen der Rechtsuchenden zu beeinträchtigten, der Anwalt werde nicht aus Gewinnstreben zu Prozessen raten oder die Sachbehandlung an Gebühreninteressen ausrichten.
Ebenso wurde es für zulässig erachtet, dass eine ehemalige Leistungssportlerin in einem Faltblatt neben der Angabe ihres Tätigkeitschwerpunktes "Sportrecht" ihre sportlichen Erfolge auflistete. Wahrheitsgemäße Selbstdarstellungen dieser Art enthielten Informationen, die für sich genommen weder irreführend sind noch ein sensationelles Sich-Herausstellen zum Gegenstand hätten. Gerade neben der Angabe eines Interessen- oder Tätigkeitsschwerpunkts "Sportrecht" habe der Hinweis auf eine eigene sportliche Betätigung sogar beruflichen Bezug und gehe über die bloße Imagewerbung hinaus. Mandanten mit sportrechtlichem Beratungsbedarf werde daran gelegen sein, einen Rechtsanwalt aufzusuchen, der sich als Sportler schneller in den Sachverhalt eindenken kann oder sich in den Verbandsstrukturen auskennt (BVerfG, Beschluss vom 04.08.2003 - 1 BvR 2108/02 -Interessenschwerpunkt "Sportrecht").
2.2 Reißerische Werbung
Inhaltlich verlangt das Sachlichkeitsgebot keine auf die Mitteilung nüchterner Fakten beschränkte Werbung (BGH, Urteil vom 29.07.09, I ZR 77/07- EKW-Steuerberater). Dass Werbung darauf ausgerichtet ist, Kunden zu Lasten der Konkurrenz zu gewinnen, begründet keine Unsachlichkeit. Anwaltswerbung darf Sprachwitz haben (z. B. "So kommen Sie zu Ihrem Recht" auf einer Anfahrtsskizze). Auch reklamehafte Darstellungen in der Werbung sind nicht grundsätzlich untersagt. Der Anwalt kann darüber befinden, in welcher Weise er sich für die interessierte Öffentlichkeit darstellt, solange er sich in dem durch schützenswerte Gemeinwohlbelange gezogenen Rahmen hält. Die Werbung darf aber nicht das Vertrauen der Rechtsuchenden beeinträchtigen, der Rechtsanwalt werde nicht aus Gewinnstreben zu Prozessen raten oder die Sachbehandlung an Gebühreninteressen ausrichten (BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1886/06 - Anwaltsdienste bei eBay).
Einzelfragen:
Bloße Imagewerbung:
Nach seinem Wortlaut fordert § 43 b eine "Unterrichtung". Daraus folgt indes nicht, dass eine bloße Imagewerbung ohne weitergehenden Informationsgehalt unzulässig wäre. Ein dahingehendes Verbot lässt sich weder verfassungs- noch unionsrechtlich rechtfertigen. Die Verbreitung von Stiften, Blöcken, Kaffeetassen und anderen Werbemitteln mit Namensaufdruck ist gängige Praxis und beeinträchtigt keine schutzwürdigen Belange des Gemeinwohls.
Versteigerung von Anwaltsdienstleistungen:
Eine Beeinträchtigung der genannten Gemeinwohlbelange vermochte das BVerfG bei der Versteigerung von Beratungsleistungen über ein Internetauktionshaus nicht zu erkennen (Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1886/06 - Anwaltsdienste bei ebay). Ein derartiges Verhalten deute weder auf eine Vernachlässigung von anwaltlichen Berufspflichten hin noch gefährde es die ordnungsgemäße Berufsausübung.
Werbung mit kostenloser Beratung:
Ein Werbekalender mit dem plakativen Titel "Zeigen Sie der Polizei die rote Karte" als Aufmacher und Gutschein für die kostenlose Erstberatung im Arbeits- oder Versicherungsrecht bis zum 31.12. wurde für unsachlich erachtet (AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.05.2014 - 1 AGH 3/14). Zwar sehe das RVG für die außergerichtliche Beratung keine gesetzliche Vergütung vor, so dass gegen Werbung mit dem Angebot einer kostenlosen Erstberatung an sich keine rechtlichen Bedenken bestünden. Die konkrete Aufmachung, nämlich die "schreiende" Gestaltung des Titels, die mit einer Beratung auf dem Gebiet des Arbeits- und Versicherungsrechtes in keinem inneren Zusammenhang stehe, diene aber lediglich dem Anlocken von Mandanten und setze diese erst auf der Rückseite davon in Kenntnis, dass der Werbende eine kostenfreie Erstberatung im Arbeitsrecht und im Versicherungsrecht anbietet. Dies sei eine reklamehafte, unsachliche Werbemethode.
Werbung mit "zeit-, nerven- und kostensparender" Online-Scheidung:
Nach einem Urteil des OLG Hamm (Urteil vom 07.03.2013, AZ. 4 U 162/12) ist die Aussage "Scheidung online - Spart Zeit, Nerven und Geld" auf der Internetseite eines Anwalts jedenfalls dann nicht irreführend, wenn die Art und Weise, wie Kosten gespart werden können, im Folgesatz hinreichend erläutert wird. Eine solche Werbung sei ungeachtet der damit verbundenen Anlockwirkung jedenfalls dann erlaubt, wenn sie keine reklamehafte, gleichsam "marktschreierische" Gestalt annehme, mithin auch nicht geeignet sei, das Vertrauen in die Integrität der Anwaltschaft zu beeinträchtigen. Die Darstellung eines online eingeleiteten Scheidungsverfahrens als formalisiertes Verfahren in neun Schritten sei weder irreführend noch unsachlich, wenn sie wie eine mündliche Beratung wirke, inhaltlich nicht zu beanstanden sei und dabei auch nicht den Eindruck erwecke, eine anwaltliche Beratung brauche in keinem Fall stattzufinden. Einzelne Angaben in einer in sich geschlossenen Darstellung dürften insoweit nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden. Die angegriffene Werbeaussage "Scheidung online - Spart Zeit, Nerven und Geld" bilde gleichsam die Überschrift für einen darunter befindlichen Text. Daher sei auch der nachfolgende Text zu berücksichtigen.
Adword-Werbung durch Rechtsanwälte:
Sogenannte "Adword"-Werbung wurde vom Landgericht München (Urteil vom 26.10.2006, Az.: 7 O 16794/06) als Verstoß gegen § 43 b BRAO gewertet. Im konkreten Fall erschien bei Eingabe eines Fondsnamens eine Anzeige mit den Schlagworten "x-Fonds - Prospekte fehlerhaft -Schadensersatz für Anleger" und dem Verweis auf eine Seite www.xxxx.net, die von den beklagten Anwälten unterhalten wurde. Nachdem nicht ersichtlich sei, dass das Informationsinteresse der Nutzer bei Eingabe des Fondsnamens auf Anwaltsdienstleistungen gerichtet sei und die Anzeige den Internetnutzer auch darüber im Unklaren lasse, dass es sich um eine Werbung von Rechtsanwälten handle, sei diese Art der Werbung unsachlich.
"Schockwerbung":
Den Einsatz von Werbemitteln (Kaffeetassen) mit der Abbildung einer Frau, die ein auf ihren Knien liegendes Mädchen mit einem Gegenstand auf das nackte Gesäß schlägt und dem Aufdruck "Körperliche Züchtigung ist verboten (§ 1631 Abs. 2 BGB)", mit der Abbildung einer Frau, die sich ersichtlich aus Verzweiflung den Mündungslauf einer Schusswaffe unter das Kinn hält mit dem Aufdruck "Nicht verzagen, R. fragen" hat der BGH (Urteil vom 27.10.2014 - AnwZ (Brfg) 67/13) als nicht mit dem anwaltlichen Berufsrecht vereinbare "Schockwerbung" gewertet.
2.3 Werturteile über die eigene Leistung
Nicht jede positive werbliche Darstellung der Leistung des Rechtsanwalts ist mit dem Sachlichkeitsgebot unvereinbar. Tatsachenbehauptungen, die der Wahrheit entsprechen, sind auch in der Werbung zulässig. Pauschale Werturteile über die eigene Leistung sind indes regelmäßig unsachlich, da sich ihre Berechtigung objektiv kaum beurteilen lässt und von subjektiven Einschätzungen abhängt. Indes sind Einzeläußerungen stets im Kontext der gesamten Werbeaussage auszulegen.
Ist die z. B. die Angabe "optimale Vertretung" eingebettet in eine Reihe von Sachangaben, wonach - anders als in den Anfängen der Kanzlei - nunmehr acht Rechtsanwälte für die Vertretung zur Verfügung stehen, eine moderne EDV und eine gut ausgestattete Fachbibliothek vorhanden sind und auf umfangreiche juristische Datenbanken zurückgegriffen werden kann, steht sie in einem inneren Zusammenhang mit diesen Angaben über die personelle und sachliche Ausstattung der Kanzlei und soll auch nicht etwa deshalb übermäßig reklamehaft sein, weil das Wort "optimal" auf das lateinische Wort "optimus" ("der Beste") zurückgeht. Denn "optimal" werde aufgrund vielfacher Verwendung in der Werbung nicht als Superlativ empfunden (BGH, Urteil vom 27.01.2005 - I ZR 202/02- optimale Interessenvertretung).
Für unsachlich erachtet wurde demgegenüber die Angabe "Wir werden als adäquate Gesprächspartner auch von den Richtern geschätzt. (...)", weil sie den Eindruck vermittelt, die werbenden Anwälte stünden in einem Näheverhältnis zu den zur Neutralität verpflichteten Richtern und könnten Prozesse deshalb nicht nur wegen ihrer sachlichen Befähigung gewinnen (OLG Frankfurt vom 14.10.2004 - 6 U 198/03).
Das OLG Nürnberg (Urteil vom 22.06.2004 - 3 U 334/04 - Umsatzzahlen) hat die Aussagen "R & Partner erzielt Rekordwachstum", "Umsatz steigt im Jahr 2001 um 37,2% auf 138,2 Mio. €o" und "R & Partner hat im Geschäftsjahr 2001 ein hervorragendes Wachstum erzielt" als Tatsachenbehauptungen für sachlich, die Angaben "Damit behauptet sich das Unternehmen als führende Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei deutschen Ursprungs" und "R & Partner ist damit der Partner Nr. 1 im internationalen Mittelstand" demgegenüber als pauschale Werturteile für unsachlich erachtet.
2.4 Nennung und Herabsetzung von Gegnern
Nach einem Beschluss des BVerfG vom 12.12.2007 (NJW 2008, 838) ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Rechtsanwalt eine sogenannte "Gegnerliste" im Internet veröffentlicht und dabei die Gegner namentlich mit Falllisten aufführt. Das Kammergericht (Beschluss vom 30.01.2007 - Az.: 9 O 131/06) hatte noch entschieden, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betreffenden Prozessbeteiligten gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt, wenn ein Rechtsanwalt auf seiner Homepage den Namen ehemaliger Prozessgegner nennt, um damit Image-Werbung zu betreiben und Mandanten zu gewinnen. Dem folgte das Bundesverfassungsgericht nicht und räumt der Werbefreiheit des Rechtsanwalts Vorrang ein.
Ausnahmsweise können aber die Persönlichkeitsrechte oder Unternehmensrechte der Betroffenen im Einzelfall Vorrang haben. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach einem Beschluss des LG Essen (vom 30.08.2012 - AZ: 4 O 263/12) dann vor, wenn die Veröffentlichung der namentlich aufgeführten Gegner den Zweck hat, diese bloßzustellen und "an den Pranger" zu stellen.
Die Mitteilung, dass gegen einen Anlagenverkäufer Schadensersatzklage erhoben worden ist und weitere Klagen in Vorbereitung sind, ist zwar für sich genommen herabsetzend, da sie geeignet ist, die potentiellen Kunden des Anlagenverkäufers zu verunsichern. Bei Abwägung mit den Interessen des werbenden Anwalts und unter Berücksichtigung des sachlichen Informationsinteresses der angesprochenen Verkehrskreise kann diese Mitteilung gleichwohl eine zutreffende Sachinformation darstellen, die weder irreführend noch besonders aufdringlich ist (LG Hamburg vom 12.05.2009 - Az.: 312 O 172/09).
2.5 Nennung und Herabsetzung von Wettbewerbern
Die Herabsetzung von Wettbewerbern ist am Maßstab des § 4 Nr. 7 UWG zu messen:
Keine unzulässige pauschale Herabsetzung konkurrierender Steuerberater enthielten danach die in einem Werbeflyer gestellten suggestiven Fragen "Bietet Ihnen Ihr EKW-Steuerberater keine Standardlösungen, sondern individuelle Betreuung? Können Sie die Höhe Ihrer Steuerberatungsgebühren selbst bestimmen? Hat Ihr Steuerbüro einen Abhol- und Bringdienst für Ihre Buchführung? Ist Ihr EKW-Berater gesetzlich zugelassener Steuerberater? Sind Sie mit der Höhe Ihrer Steuerabgaben zufrieden?" (BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 77/07 - EKW-Steuerberater). Anderes galt in Ansehung der Aussage: "Wir zeigen Ihnen, wie Sie die zu viel gezahlten Steuerberaterhonorare sowie Steuern und Abgaben zumindest für die Zukunft einsparen", die sich in einem nachfolgenden, an den gleichen - üblicherweise steuerlich beratenen - Adressatenkreis fand. Damit werde die Preiswürdigkeit und die fachliche Qualität der Leistung von Wettbewerbern in unlauterer Weise pauschal herabgesetzt.
Ähnlich ist folgende Darstellung auf der Internetseite als unsachliche Herabsetzung von Wettbewerbern erachtet worden (OLG Frankfurt vom 14.10.2004 - 6 U 198/03): "Soweit erforderlich, werden wir auch Klage erheben. Wir werden Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sorgfältig begründen und den Gerichtstermin auf jeden Fall wahrnehmen. Dies unterscheidet uns von einigen anderen auf diesem Gebiet tätigen Anwälten/innen, bei denen der Sachvortrag häufig sehr dürftig ist und keine Vertretung in der mündlichen Verhandlung erfolgt. So geht zum Beispiel der Rechtsanwalt S aus S. nie zur mündlichen Verhandlung, so dass ihn die Richter bereits als "Phantom" bezeichnet haben."
Das OLG Köln (GRUR-RR 2011, 325) hat die Äußerung eines Rechtsanwalts, der gezielt um Mandanten warb, die wegen Urheberrechtsverletzung abgemahnt worden sind, in solchen Angelegenheiten würden in der Regel "horrende Streitwerte" zu Grunde gelegt, so dass es sich für die Rechtsanwaltszunft um ein lohnendes Geschäft handele, im Lichte von Art. 5 GG noch als zulässig gewertet. Die sachlich nicht belegte Aussage, es sei bei den abmahnenden Kanzleien "übliche Praxis", ein (verbotenes) Erfolgshonorar zu vereinbaren, wurde dagegen als herabsetzend i.S. des § 4 Nr. 7 UWG und betriebsschädigend i.S. des § 4 Nr. 8 UWG erachtet, das den genannten Kanzleien hierdurch die Beitreibung der Forderungen erschwert werde.
2.6 Nennung von Mandanten und Mandaten
Es ist grundsätzlich zulässig, Referenzen auf der Homepage oder andernorts unter namentlicher Nennung von Mandanten anzugeben, sofern diese ausdrücklich darin eingewilligt haben (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BORA). Allerdings darf sich der Anwalt Werturteile seiner Mandanten dabei nicht zu eigen machen (s. oben Ziff. 2.3 und OLG Nürnberg, Urteil vom 23.03.1999 - 3 U 3977/98: Gästebuch im Internet unsachlich, weil sich der Anwalt damit Werturteile seiner Mandanten zu eigen macht).
3. Insbesondere das Verbot irreführender Werbung
Unsachlich im Sinne von § 43 b BRAO ist insbesondere jede nach den Maßstäben von §§ 5, 5a UWG irreführende Werbung (BGH, Urteil vom 09.06.2011 ? I ZR 113/10 -zertifizierter Testamentsvollstrecker). In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass das Irreführungsverbot bereits der bloßen "Gefahr" einer Irreführung auch nur bei Teilen der Verkehrskreise vorbeugt. Ob es im Einzelfall tatsächlich zu Fehlvorstellungen gekommen ist, spielt deshalb keine Rolle. Ist eine Angabe mehrdeutig, muss der Werbende ferner nach ständiger Rechtsprechung jede der verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen (Köhler/Bornkamm, UWG, 32.Auflage, Rdnr. 2.111 zu § 5).
Insbesondere für die Kopfleiste eines Anwaltsbriefbogens gelten die wettbewerbsrechtlichen Grundsätze der sogenannten Blickfangwerbung (BGH, NJW 2003, 346 - Kooperationspartner auf Briefbogenleiste). Dies bedeutet (s. im Einzelnen Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, Rdnr. 2.97ff): Der Blickfang selbst darf keine objektive Unrichtigkeit enthalten. Eine "dreiste Lüge", für die kein vernünftiger Anlass besteht, ist auch dann unzulässig, wenn ein Sternchenhinweis eine Korrektur enthält. Ist der Blickfang zwar nicht objektiv unrichtig, enthält er aber nur "die halbe Wahrheit", muss ein Stern oder ein anderes Zeichen, welches am Blickfang teil hat, signalisieren, dass die im Blickfang getroffene Aussage nicht vorbehaltslos gilt, und den Betrachter zu einem aufklärenden Hinweis führen. Wie deutlich Stern und aufklärender Hinweis gestaltet sein müssen, hängt von den Umständen ab.
Einzelfragen:
3.1 Irreführende Kurzbezeichnungen:
Für die Bildung und Führung von Kurzbezeichnungen enthalten die §§ 8, 9 BORA spezielle Bestimmungen (s. unten VII). Daneben gilt aber stets das Irreführungsverbot. Das bedeutet:
Kurzbezeichnung "Rechtsanwälte"
Bei der Verwendung der Kurzbezeichnung "Rechtsanwälte" auf dem Briefkopf einer Kanzlei müssen nach dem BVerfG (Beschluss vom 24.03.2009 - 1 BvR 144/09) mindestens zwei Rechtsanwälte namentlich genannt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die genannten Anwälte in einem Sozietätsverhältnis miteinander stehen oder ob ein Anstellungsverhältnis bzw. eine freie Mitarbeit vorliegt. Wenn auf ein Anstellungsverhältnis oder eine freie Mitarbeit hingewiesen werden soll, kann dies durch einen entsprechenden Hinweis (zum Beispiel durch einen Sternchen-Hinweis) erfolgen.
Kurzbezeichnung "Rechts- und Patentanwälte":
Entsprechend verhält es sich bei der Kurzbezeichnung "Rechts- und Patenanwälte". Auch insoweit müssen auf dem Briefkopf mindestens zwei Rechtsanwälte und zwei Patentanwälte namentlich aufgeführt werden, da es sich bei der Kurzbezeichnung "Rechts- und Patenanwälte" in sprachlicher Hinsicht um die Kurzform von "Rechtsanwälte und Patenanwälte" handelt.
Kurzbezeichnung "Rechtsanwälte und Notare":
Wird einer Kurzbezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei ein Zusatz zur Qualifikation der Berufsträger wie "Rechtsanwälte und Notare" oder "Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" hinzugesetzt, versteht der Verkehr dies als Hinweis darauf, dass sich in der entsprechenden Kanzlei Berufsträger dieser Qualifikation zusammengeschlossen haben (BGH, Urteil vom 29.03.2007 - I ZR 152/04 - Fachanwälte).
Kurzbezeichnung "Fachanwälte":
Nach dem BGH (Urteil vom 29.03.2007 - I ZR 152/04 - Fachanwälte) setzt die Verwendung des Begriffs "Fachanwälte" als Zusatz zu der Kurzbezeichnung auf einem Praxisschild oder auf dem Briefkopf voraus, dass eine den Plural rechtfertigende Zahl von Sozietätsmitgliedern Fachanwälte sind. Nicht erforderlich ist es, dass an jedem Standort, an dem der Zusatz verwendet wird, ein oder mehrere Fachanwälte tätig sind. Verwendet eine Sozietät in ihrer Kurzbezeichnung eine auf eine Zusatzqualifikation hinweisende Bezeichnung, muss sie aber - zumal dann, wenn nicht alle Sozietätsmitglieder die zusätzliche Qualifikation aufweisen - dort, wo die Mitglieder der Sozietät namentlich aufgeführt sind, die (Zusatz-)Qualifikation jedes einzelnen Sozietätsmitglieds benennen. Dies kann die Namensleiste auf dem Briefbogen, das Praxisschild, das die Namen der an diesem Standort tätigen Sozietätsmitglieder aufführt, oder die Liste der Sozietätsmitglieder in einer Praxisbroschüre oder auf der Internetseite der Kanzlei sein. Denn die Angabe "Fachanwälte für" eine Anzahl von Rechtsgebieten unterhalb der Kanzleiorte und der Namen der Berufsträger begründet die naheliegende Möglichkeit, dass der Verkehr die Angabe dahin auffasst, alle aufgezählten Anwälte seien berechtigt, zumindest einen der aufgezählten Fachanwaltstitel zu führen, wenn keine weitergehende Aufklärung erfolgt. Eine Aufklärung im Internet reicht nicht (OLG Köln, Urteil vom 20.04.2012 - 6 W 23/12; BRAK-Mitt. 2012, 132).
Kurzbezeichnung "...& Partner":
Diese ist nach § 11 PartGG Partnerschaftsgesellschaften verfassungs- und europarechtskonform vorbehalten (AGH NRW, BRAK-Mitt. 2012, 182).
Kurzbezeichnung "...& Kollegen":
Verwendet eine Kanzlei den Zusatz "& Kollegen", müssen im Briefkopf der Kanzlei mindestens zwei weitere Rechtsanwälte namentlich genannt werden (BGH, Beschluss vom 13.08.2007 - AnwZ (B) 51/06). Es ist somit unzulässig, wenn eine Kanzlei zwar mehrere angestellte Anwälte hat, aber auf dem Briefkopf "& Kollegen" nur zwei Anwälte geführt werden. Dies ergibt sich insoweit auch aus § 10 Abs. 2 Satz 3 BORA. Die Aufnahme von Kooperationspartnern genügt insoweit nicht. Die "Kollegen" müssen sich mit dem Berufsträger entweder in gemeinschaftlicher Berufsausübung (zum Beispiel Sozietät) oder in einem Angestelltenverhältnis oder auf Basis einer freien Mitarbeit verbunden haben.
Kurzbezeichnung "...& Associates":
Entsprechendes gilt für den Zusatz "und Associates" auf einem Briefkopf. Auch insoweit müssen mindestens zwei weitere Berufsträger namentlich aufgeführt werden. Denn der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame Rechtsuchende wird der Angabe "und Associates" entnehmen, dass der Betroffene sich mit zumindest zwei anderen Berufsträgern zu einer auf Dauer angelegten beruflichen Zusammenarbeit zusammengeschlossen hat. Eine Kooperation genügt insoweit nicht (BGH, Urteil vom 03. November 2008 - AnwSt(R)10/2008 und OLG Karlsruhe vom 28.03.2012 ? 6 U 146/10, BRAK-Mitteilungen 2012, 180). Ob der Begriff "Associates" darüber hinaus auch auf ein Gesellschafts- Partnerschafts- oder Sozietätsverhältnis verweist, ist offen.
Scheinsozietät oder -partnerschaft:
Keine relevante Irreführung begründet es dagegen, wenn durch die Angabe "Sozietät" oder sonst der Eindruck vermittelt wird, ein auf dem Briefbogen geführter Berufsträger sei Sozius einer BGB-Gesellschaft, obwohl er tatsächlich nur im Anstellungsverhältnis oder als freier Mitarbeiter für die Gesellschaft tätig ist. Beim Fehlen einer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit verpflichtet das gemeinschaftliche Auftreten nach außen alle Rechtsanwälte nach Rechtsscheingrundsätzen zu einer gesamtschuldnerischen Haftung gegenüber dem Mandanten. Diese haftungsrechtliche Gleichstellung mit den tatsächlichen Sozien schützt den Mandanten. Was die Solidarhaftung der beruflich gemeinsam auftretenden Rechtsanwälte angeht, ist es für die Mandanten damit ohne Belang, ob der Außenauftritt von Rechtsanwälten der Binnenstruktur ihres Zusammenschlusses entspricht (BGH, Urteil vom 12.07.2012 ? AnwZ (Brfg) 37/11 - doppelstöckige Sozietät). Im Ergebnis wird damit nicht die Irreführung als solche, aber deren rechtliche Relevanz verneint. Gleiches gilt bei der Führung eines "Scheinpartners" auf dem Briefbogen einer Partnerschaftsgesellschaft. Denn hier haftet der handelnde Nicht-Partner nach den Grundsätzen der Rechtscheinhaftung neben dem Vermögen der Gesellschaft (OLG München, Urteil vom 18.01.2001, Az. 29 U 2962/00, NJW-RR 2001, 1358).
3.2 Werbung mit Zertifizierungen und sonstigen Auszeichnungen
Die Führung eines Zertifikats begegnet nicht stets wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Zum einen hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Fachanwaltsbezeichnungen keine abschließende Regelung des Werberechts der Rechtsanwaltschaft getroffen; so dass Hinweise auf zusätzliche Qualifikationen dem Rechtsanwalt nicht etwa von vornherein versagt sind. Zum anderen soll eine Irreführung nicht schon allein deswegen zu bejahen sein, weil der Begriff der "Zertifizierung" beim angesprochenen Verkehr eine Fehlvorstellung über eine amtliche Verleihung hervorrufen würde (BGH Urteil vom 09.06.2011 - I ZR 113/10 - Zertifizierter Testamentsvollstrecker). Denn als Zertifizierung werde ein Verfahren bezeichnet, mit dessen Hilfe die Einhaltung bestimmter Anforderungen an Produkte oder Dienstleistungen einschließlich der Herstellungsverfahren nachgewiesen werde. Zertifizierungen würden von unabhängigen Stellen vergeben und müssen sich nach festgelegten Standards richten. Der Begriff der Zertifizierung besage nicht, dass sie von einer amtlichen Stelle vergeben worden ist.
"Zertifizierter Testamentsvollstrecker AGT":
Der mit dieser Bezeichnung konfrontierte Leser wird nach dem BGH (Urteil vom 09.06.2011 - I ZR 113/10: Zertifizierter Testamentsvollstrecker) annehmen, dass die "Zertifizierung" von der "AGT" erteilt wurde. Wer sich hinter dieser Abkürzung verbirgt, werde der Durchschnittsverbraucher dagegen nicht erkennen. Er werde auch nicht wissen, dass das Zertifikat allein auf Grund von theoretischen Kenntnissen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung vergeben werde und deshalb annehmen, dass ein "zertifizierter Testamentsvollstrecker", auch wenn er Rechtsanwalt sei, entsprechend den für viele andere Berufsgruppen geltenden Voraussetzungen über praktische Erfahrungen auf dem Gebiet verfüge, auf das sich die Zertifizierung beziehe. Diese Erwartung erfüllte der Beklagte im maßgeblichen Fall nicht, da er erst zweimal (in den Jahren 2005 und 2008) als Testamentsvollstrecker tätig geworden war.
"Dekra-zertifiziert":
Nach dem LG Köln (Urteile vom 26.11.2009 - 31 O 607/09 und vom 03.02.2009 - 33 O 353/08, BRAK-Mitt. 2009, 91) ist die Verwendung des DEKRA-Siegels "Zertifizierter Anwalt im Rechtsgebiet ..." in der werblichen Präsentation von Rechtsanwälten irreführend. Das Siegel einer bekannten und allgemein anerkannten Prüfungsgesellschaft wie der DEKRA suggeriere den angesprochenen Verkehrskreisen, also den Rechtssuchenden, dass es "dem damit werbenden Anwalt auf der Grundlage neutraler, allgemein anerkannter Prüfungsbedingungen unter Beteiligung der betroffenen Fachkreise (hier: der Anwaltschaft) erteilt worden ist". Dass die Zertifizierung einem Rechtsanwalt in einem bestimmten Rechtsgebiet erteilt worden ist, lege die Annahme nahe, dass bei der Erstellung der geprüften Standards die betroffenen Fachkreise mitgewirkt hätten, zumindest aber die Prüfungskriterien von diesen als Standards akzeptiert würden. Denn gerade im Bereich der freien Berufe sei das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise geprägt durch die Bezeichnungen "Fachanwalt" oder "Facharzt", die ihrerseits darauf verweisen, dass der so auftretende Rechtsanwalt oder Arzt vorgegebene Anforderungen an einen bestimmten Kenntnis- und Erfahrungsstand erfüllt, die von diesen Fachkreisen bestimmt worden sind und allgemein akzeptiert werden. Diesen Erwartungen des Verkehrs an neutrale, allgemein anerkannte Prüfungsbedingungen unter Beteiligung der betroffenen Fachkreise wurde das DEKRA-Siegel "Zertifizierter Anwalt im Rechtsgebiet ..." nicht gerecht, da es an einer ausreichend breit angelegten Beteiligung der betroffenen Fachkreise fehlte, die allein eine allgemein anerkannte Auswahl der Prüfungsinhalte sicherstellen kann.
Irreführende Siegelverwendung:
Die Angabe auf einem anwaltlichen Briefbogen zu einer Zertifizierung nach ISO 9001 durch die DEKRA kann zudem irreführend sein, so etwa dann, wenn sie den Eindruck erweckt, dass nicht nur die Qualität der Büroorganisation, sondern auch die Qualität der Dienstleistung der einzelnen Anwälte selbst geprüft sei (OLG Hamm, Urteil vom 31.01.2012 - I-4 U 100/11).
"Prädikatsanwalt":
Nach dem OLG Nürnberg (Beschlüsse vom 19.05.2009, NJOZ 2011, 64, und vom 13.07.2009, BRAK-Mitt. 2009, 245) handelt es sich bei diesem Begriff um eine Scheinauszeichnung, wenn für die Führung der Auszeichnung "Prädikatsanwalt" schon die bloße Mitgliedschaft in einem Verein genügt, für die es ausreicht, wenn der Nachweis einer fünfjährigen Berufserfahrung, eines Fachanwaltstitels und eines Examens mit einer bestimmten Note geführt wird. Damit fehle es bereits an einer echten Auszeichnung, die der Referenzverbraucher mit der Bewerbung von Anwälten als "Prädikatsanwalt" verbinde. Wer seine Mitglieder durch ein grafisch gestaltetes Qualitätssiegel und die Verwendung des Begriffs "Prädikatsanwälte" nach außen hin so präsentieren wolle, als ob diese eine besondere zusätzliche Zertifizierung von dritter Stelle durchlaufen hätten, müsse eine solche Zertifizierung auch tatsächlich vornehmen. Im Übrigen seien - eine Qualitätsüberprüfung von dritter Seite tatsächlich unterstellt - die genannten drei Aufnahmekriterien nicht allein ausschlaggebend, um einen Anwalt bereits als "Prädikatsanwalt" zu bezeichnen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Verbraucher inzwischen die Bezeichnung "Fachanwalt" kenne. Es sei ihm bewusst, dass dann mit der Bezeichnung "Prädikatsanwalt" etwas anderes und qualitativ höherwertigeres gemeint sei. Dies - nicht die Kenntnis von weitgehend unbekannten erreichbaren Punktezahlen beim Zweiten Juristischen Staatsexamen und deren Bewertung als Prädikatsexamen - präge das Verbraucherverständnis. Der Verbraucher werde deshalb davon ausgehen, dass sich ein "Prädikatsanwalt" nicht nur durch ein gutes Examen, sondern weitere Qualifikationen wie besondere Fachkenntnisse und Praxiserfahrung auszeichne. Die völlig wertfrei herangezogene Zeitdauer der Anwaltszulassung besage darüber nichts, außer sie sei mit einer praktischen Tätigkeit als Anwalt verbunden, die bestimmte qualitative Anforderungen erfülle und daraufhin auch tatsächlich vom Verein überprüft werde. Darüber wird der Verbraucher getäuscht, denn eine solche Überprüfung finde nicht statt.
"Vorsorgeanwalt":
Nach einer Entscheidung des AnwGH Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 07.09.2012 - 2 AGH 29/11; BRAK-Mitt. 2013, 44 unter Aufgabe früherer Rechtsprechung) beschreibt der Begriff "Vorsorgeanwalt" richtig und ausreichend präzise die Schwerpunkttätigkeit der Beratung im Bereich des Vorsorgerechts, insbesondere im Zusammenhang mit Erbrecht, Vorsorgevollmachten und Patienten- und Betreuungsverfügungen. Auch wenn sich dies dem rechtssuchenden Verkehr aus dem Begriff alleine möglicherweise nicht erschließe, werde dies spätestens mit weiteren Erläuterungen, die sich z.?B. aus der Werbung ergeben, hinreichend deutlich. Die vor verfassungsrechtlichen Hintergrund erforderliche Gefährdung des rechtsuchenden Publikums sei nicht erkennbar. Der rechtsuchende Bürger werde nicht getäuscht.
"Kundenanwalt":
Die Bezeichnung "Kundenanwalt" ist nach einem Urteil OLG Düsseldorf (vom 28.10.2014 - I-20 U 168/13, NJW-RR 2015, 166 ff) irreführend, wenn die so bezeichnete Person nicht "Rechtsanwalt" ist, d.h. als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten i.?S. von § 3 BRAO, der die Befähigung zum Richteramt nach § 4 BRAO erlangt hat, tätig wird. Zudem sei die Bezeichnung "Kundenanwalt" irreführend, wenn die so bezeichnete Peron lediglich Streitfälle schlichten und vermittelnd tätig werden soll, nicht aber Kunden der beklagten Versicherung zum Beispiel gegenüber dieser oder Dritten vertrete.
3.3 Fremdsprachige Berufsbezeichnungen (z. B. "Attorney at law","Avocat" etc.)
Wird auf dem Anwaltsbriefkopf die Bezeichnung "Lawyer" verwendet, stellt dies keinen Verstoß gegen das anwaltliche Berufsrecht dar. Bei der Bezeichnung "Lawyer" handelt es sich um eine allgemein gebräuchliche Übersetzung des "Juristen". Mit der Verwendung dieser Bezeichnung wird nicht der Eindruck erweckt, es bestehe eine Zulassung als Rechtsanwalt in einem englischsprachigen Land.
Bei den Angaben "Attorney at law", "Avocat" oder "Avvocato" handelt es sich dagegen jeweils um Titel i.S.v. § 132a Nr.1 StGB, die nur von Personen geführt werden dürfen, die z. B. in den USA als "Attorney at law", in Frankreich als "Avocat" oder in Italien als "Avvocato" zugelassen sind. Der "Attorney at Law" ist kein akademischer ausländischer Grad, sondern gemäß § 206 BRAO i.V.m. der Verordnung zur Durchführung der § 206 BRAO der Bundesrechtsanwaltsordnung die Berufsbezeichnung eines Herkunftsstaates. In Sri Lanka sowie den Vereinigten Staaten von Amerika entspricht der Titel der Ausbildung und den Befugnissen eines "Rechtsanwalts" nach der BRAO. Dass in Deutschland zugelassene "Rechtsanwälte" im Ausland tätig werden und umgekehrt Anwälte mit US-amerikanischer Zulassung in deutschen Kanzleien und Unternehmen arbeiten, ist heute gerade im internationalen Rechtsverkehr keine Seltenheit. Ebenso verfügen nicht wenige inländische Berufsträger über Doppelqualifikationen. Findet sich die Bezeichnung "Attorney at law" z. B. auf zweisprachigen Briefköpfen oder email-Kennungen, gehen daher relevante Teile des Verkehrs davon aus, der Werbende verfüge über eine entsprechende ausländische Zulassung, es sei denn, es wird kenntlich gemacht oder ist dem Adressaten anderweitig bekannt, dass es sich um ein bloße Übersetzung von "Rechtsanwalt" handeln soll (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.03.2010 - I-20 U 177/08 - Griechischer Wirtschaftsprüfer: Irreführend, weil der Betroffene zur Führung der deutschen Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" nicht berechtigt war und der griechische Titel, den der Beklagte führen durfte, "Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" lautet).
Nach dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 15. 4. 2008 - 20 U 122/07; GRUR-RR 2009, 74) erweckt die Bezeichnung "European Patent and Trademark Attorney" den Eindruck, der Werbende sei nicht nur Rechtsanwalt, sondern zudem auch als "European Patent Attorney" zugelassen.
3.4 Die Benennung von Teilbereichen und qualifizierenden Zusätzen
§ 7 BORA konkretisiert das allgemeine, aus dem Sachlichkeitsgebot abzuleitende Irreführungsverbot für die Angabe von Teilbereichen und qualifizierenden Zusätzen wie folgt:
- Unabhängig von Fachanwaltsbezeichnungen darf Teilbereiche der Berufstätigkeit nur benennen, wer seinen Angaben entsprechende Kenntnisse nachweisen kann, die in der Ausbildung, durch Berufstätigkeit, Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben wurden. Wer qualifizierende Zusätze verwendet, muss zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein.
- Benennungen nach Absatz 1 sind unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind.
- Die vorstehenden Regelungen gelten bei gemeinschaftlicher Berufsausübung und bei anderer beruflicher Zusammenarbeit entsprechend.
Tätigkeits- und Interessenschwerpunkte:
Die Zulässigkeit von Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkten war ursprünglich in § 7 BORA a.F. geregelt. Diese Vorschrift wurde zum 01.03.2006 aufgehoben und durch den aktuellen § 7 BORA, der die Benennung von Teilbereichen der Berufstätigkeit regelt, ersetzt. Gleichwohl bleibt es zulässig, Rechtsgebiete als "Interessenschwerpunkte" oder "Tätigkeitsschwerpunkte" zu bezeichnen. Weggefallen ist lediglich das Verbot, Teilbereiche der Berufstätigkeit, insbesondere Rechtsgebiete, anders als mit diesen Angaben zu bezeichnen. Es ist daher zulässig, Rechtsgebiete wie "Arbeitsrecht" ohne qualifizierende Zusätze zu benennen, auch wenn das Gebiet mit einer Fachanwaltschaft (Fachanwalt für Arbeitsrecht) belegt ist.
Werbung mit Fachanwaltsbezeichnungen:
Nach gegenwärtigem Recht (§ 43 c Abs. 1 Satz 3 BRAO) ist es unzulässig, mehr als drei Fachanwaltsbezeichnungen zu führen. Nach dem OLG Naumburg (NJW 2007, 1537 = BRAK-Mitt. 2007, 131) ist es auch unzulässig, wenn ein Anwalt auf seiner Internetseite damit wirbt, dass er eine Spezialisierung als Fachanwalt auf einem bestimmten Rechtsgebiet erworben hat, diese Bezeichnung aber nicht "führt", da das Berufsrecht lediglich zwei (nach alter Rechtslage) bzw. drei (nach neuem Recht) Fachanwaltstitel pro Berufsträger zulässt. Ein "Führen einer Fachanwaltsbezeichnung" liege bereits dann vor, wenn ein Anwalt öffentlich und zu Werbezwecken für sich in Anspruch nehme, auf einem Gebiet die in einem formalisierten Verfahren nachgewiesene Qualifikation eines Fachanwalts erworben zu haben.
Werbung mit dem Begriff "Fachanwaltsausbildung Arbeitsrecht":
Die Zulässigkeit der Werbung mit Kenntnissen und Qualifikationen, die im Rahmen der Fachanwaltsausbildung erworben wurden, richtet sich u.a. ebenfalls nach § 7 BORA sowie nach den §§ 3, 5 UWG. So ist z. B. die Werbung mit dem Begriff "Fachanwaltsausbildung Arbeitsrecht" nach Ansicht der Kammer problematisch, da die Gefahr einer Verwechslung mit dem Fachanwaltstitel "Fachanwalt für Arbeitsrecht" bestehen kann und die angesprochenen Verkehrskreise annehmen könnten, dass die Ausbildung zur Fachanwaltschaft insgesamt erfolgreich absolviert wurde und lediglich noch der formale Akt der Verleihung des Fachanwaltstitels aussteht. Dies ist aber nicht der Fall, wenn lediglich die theoretische Ausbildung durch einen erfolgreichen Abschluss eines Fachanwaltskurses durchlaufen wurde, aber der Nachweis der erforderlichen Fallzahlen fehlt.
Werbung mit "geprüfter Teilnehmer Fachanwaltslehrgang für Erbrecht":
Auch die Werbung mit "geprüfter Teilnehmer Fachanwaltslehrgang für Erbrecht" kann jedenfalls dann irreführend und mit § 7 Abs. 2 BORA unvereinbar sein, wenn die Bezeichnung etwa auf dem Briefkopf oder auf der Visitenkarte geführt wird. Der überwiegende Teil der angesprochenen aktuellen und potenziellen Mandanten wird nicht ahnen, dass der Fachanwaltstitel nicht nur die Absolvierung des Lehrgangs, sondern auch den Nachweis bestimmter Fallzahlen voraussetzt. Es kommt aber auch hier immer auf die Umstände des Einzelfalles an. So kann die Werbung mit "geprüfter Teilnehmer für den Fachanwaltslehrgang für Erbrecht" nach Meinung der Kammer zulässig sein, wenn sie sich in einem Fließtext z. B. auf der Homepage des werbenden Anwalts bei der Vorstellung der eigenen Person findet.
3.5 Insbesondere die Werbung mit einer Spezialisten- oder Experteneigenschaft
"Qualifizierende Zusätze" im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 BORA sind insbesondere Titel wie "Experte", "Fachmann" oder "Spezialist" im Zusammenhang mit einem bestimmten Rechtsgebiet. Nach § 7 Abs. 2 BORA sind solche Zusätze unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind.
"Spezialist für...":
Die Angabe "Spezialist für..." beruht alleine auf der Selbsteinschätzung des Werbenden und ist - anders als die Bezeichnung "Fachanwalt" - kein Titel, dessen Führung dem Werbenden nach unabhängiger Überprüfung normierter Nachweise gestattet wurde. Mit Urteil vom 24.07.2014 (Az. I ZR 53/13, Vorinstanz OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.03.2013 - 4 U 120/12; GRUR-RR 2013, 171 - Spezialist für Familienrecht) hat der Wettbewerbssenat des BGH gleichwohl entschieden, dass es einem Rechtsanwalt (entgegen der bis dahin wohl herrschenden Meinung) nicht schon allein deshalb untersagt werden kann, sich als "Spezialist" zu bezeichnen, weil das entsprechende Rechtsgebiet mit einer Fachanwaltschaft belegt ist. Zwar sei die tatrichterliche Feststellung, dass der Verkehr die Bezeichnungen "Fachanwalt für...." und "Spezialist für...." entgegen § 7 Abs. 2 BORA verwechsle und einander gleichsetze, nicht zu beanstanden. Entsprächen die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts jedoch tatsächlich den an einen Fachanwalt zu stellenden Anforderungen, sei die Verkehrsvorstellung jedoch objektiv richtig und das Interesse der Rechtsuchenden nicht beeinträchtigt. Bei einer solchen Sachlage bestehe keine Veranlassung, dem Rechtsanwalt die Führung der Bezeichnung "Spezialist" zu untersagen. Ein gleichwohl ausgesprochenes Verbot sei zum Schutz des rechtsuchenden Publikums und im Interesse der Rechtsanwaltschaft nicht erforderlich und verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der werbende Anwalt müsse im Streitfall aber darlegen und beweisen, dass seine Selbsteinschätzung zutreffe.
"Rechtsanwalt für...":
Nach einer Entscheidung des AGH Schleswig-Holstein (Beschluss vom 05.02.2009 - 2 AGH 6/07 = BRAK-Mitt. 2009, 133- Rechtsanwalt für Arbeitsrecht) ist die Bezeichnung "Rechtsanwalt für..." ein Rechtsgebiet, das mit einer Fachanwaltschaft belegt ist, gemäß § 7 Abs. 2 BORA unzulässig, weil der Verkehr meint, er habe es mit einem Spezialisten oder zumindest mit einem Fachanwalt zu tun.
"Kanzlei für...":
Die Verwendung der Kanzleibezeichnung "Kanzlei für" im Zusammenhang mit einem bestimmten Rechtsgebiet wie z. B. "Arbeitsrecht" oder "Erbrecht" auf Briefbögen oder Visitenkarten ist zulässig und mit § 7 BORA vereinbar, wenn in der Kanzlei schwerpunktmäßig das betreffende Rechtsgebiet bearbeitet wird und die betreffenden Anwälte dafür ausreichend qualifiziert sind. Dies ist unproblematisch dann der Fall, wenn die betreffenden Anwälte Fachanwälte sind. Der BGH hat im Falle "Kanzlei für Arbeitsrecht und allgemeines Zivilrecht" mit Beschluss vom 12.02.2001 (NJW 2001, 1573) klargestellt, dass § 7 BORA a.F. - dies gilt auch für § 7 BORA in der aktuell gültigen Fassung - nicht die Verwendung von Kanzleibezeichnungen, sondern nur die personenbezogene Kennzeichnung fachlicher Spezialisierung regelt.
"Fachanwaltskanzlei":
Die Bezeichnung Fachanwaltskanzlei ist nach Auffassung der Kammer nicht bereits dann zulässig, wenn ein Fachanwalt für in dieser Kanzlei tätig ist. Bezug genommen wird auf die "Kanzlei" als solche, nicht auf einen einzelnen Berufsträger. Bei der Angabe "Fachanwaltskanzlei" wird der Verkehr im Regelfall davon ausgehen, dass jedenfalls die Mehrheit der in dieser Kanzlei tätigen Berufsträger - wenn nicht gar alle - Fachanwälte sind. Bezieht sich die Bezeichnung auf ein bestimmtes Rechtsgebiet, weckt dies die berechtigte Erwartung, die Mehrheit der Berufsträger sei Fachanwalt auf diesem Gebiet (vgl. BGH GRUR 1996, 971- internationale Sozietät: Die beanstandete Bezeichnung "Internationale Sozietät von Rechtsanwälten..." täuscht den Verkehr schon deshalb in rechtlich relevanter Weise, weil damit für die inländische Kanzlei in ihrer Gesamtheit eine internationale Bedeutung durch gesellschaftsrechtliche Verflechtungen der inländischen Rechtsanwälte mit ausländischen Rechtsanwälten und Attorneys-at-Law beansprucht wird, welche der Wirklichkeit nicht entspricht). Dies gilt insbesondere, wenn die Angabe "Fachanwaltskanzlei" in der Kopfzeile des Briefbogens geführt wird. Hier gelangen die Grundsätze der Blickfangwerbung zur Anwendung (s.o. Ziff. 3).
3.6 Domainnamen
Der aus einem Gattungsbegriff wie "Rechtsanwalt" oder "Rechtsanwälte" und einem regional eingegrenzten Tätigkeitsgebiet kombinierte Domainname kann nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung beim durchschnittlichen Verbraucher nicht die Gefahr einer Irreführung bewirken (BGH, Urteil vom 01.09.2010 - AZ: StbSt (R) 2/2010 im Falle der Domain "Steuerberater-Südniedersachsen.de"). Mit einer derartigen Domain berühme sich der Werbende keiner Sonder- oder Spitzenstellung. Die Tatsache, dass ein Domainname nur einmal vergeben werde, ändere an dieser Einschätzung nichts. Der Verkehr sei mittlerweile daran gewöhnt, dass mit einem derartig kombinierten Domainnamen keine Allein- oder Spitzenstellungswerbung verbunden ist.
Entsprechend ist es auch nach einem Urteil des OLG Celle (vom 17.11.2011 - 13 O 168/2011, BRAK-Mitt. 2012, 138) kein Verstoß gegen § 6 BORA, wenn eine Anwaltssozietät mit der Bezeichnung "Kanzlei-Niedersachsen" wirbt. Entsprechend wäre auch eine Domain unter www.kanzlei-niedersachsen.de zulässig. Eine Allein- oder Spitzenstellungswerbung sei damit nicht verbunden.
Auch die Verwendung generischer Domains (mit und ohne Ortsbezug) wie z. B. die Angabe eines Rechtsgebiets oder Schwerpunktangaben ist grundsätzlich nicht mehr zu beanstanden. Dies hat der BGH bereits in der Entscheidung "presserecht.de" klargestellt (BGH, Beschluss v. 25.11.2002 - AnwZ (B) 41/02). Zulässig wäre also z. B. die Angabe einer Domain "arbeitsrecht-augsburg.de". Gleichwohl ist bei der Wahl von generischen Domains zu beachten, dass nicht der irreführende Eindruck einer Allein- oder Spitzenstellungswerbung hervorgerufen wird oder sonst irreführend ist. So ist es z. B. irreführend, wenn eine aus fünf Berufsträgern bestehende Kanzlei den Domainnamen "kanzlei-fuer-arbeitsrecht-augsburg.de" benutzt, wenn in dieser Kanzlei tatsächlich nur ein Rechtsanwalt Arbeitsrecht bearbeitet. Denn der BGH (NJW 2001, 1573) hat entschieden, dass die Bezeichnung "Kanzlei für Arbeitsrecht" nur zulässig ist, wenn in der betreffenden Kanzlei das Gebiet des Arbeitsrechts schwerpunktmäßig bearbeitet wird. Soweit das nicht der Fall ist, ist die Angabe irreführend. Das gilt auch für einen entsprechenden Domainnamen.
Phantasiebezeichnungen sind auch in Domainnamen grundsätzlich zulässig, sofern diese nicht irreführend oder aus sonstigen Gründen als unsachlich anzusehen sind.
3.7 Angabe von Zulassungsgerichten
Die Zulassung von Rechtsanwälten bei einem bestimmten Gericht ist aufgehoben. Seit Einführung des Gesetzes zur Stärkung der Selbstverwaltung am 01.06.2007 besteht keine Zulassung bei einem bestimmten Gericht, sondern nur bei der Rechtsanwaltskammer. Gleichwohl stellt die Werbung mit der Angabe "auch zugelassen am OLG Frankfurt" dem BGH zufolge (Urteil vom 20.02.2013 - I ZR 146/12) jedenfalls derzeit keine unsachliche, weil irreführende Werbung mit einer Selbstverständlichkeit dar. Solange der Umstand, dass es für die Postulationsfähigkeit vor den Oberlandesgerichten keiner gesonderten Zulassung bedarf, für die angesprochenen Verkehrskreise keine Selbstverständlichkeit darstelle, verstoße ein Rechtsanwalt, dem vor dem 1.6.2007 eine solche Zulassung erteilt worden ist und der hierauf in einem Zusatz zur Namensleiste seines Briefkopfs hinweist, nicht gegen das Irreführungsverbot. Nur kurz zuvor hatte indes der Anwaltssenat des BGH den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein anderslautendes Urteil des AnwGH NRW (vom 01.04.2011- 2 AGH 50/19: Zusatz "Rechtsanwalt bei dem Landgericht und dem Oberlandesgericht" im Briefkopf als Selbstverständlichkeit irreführend) noch mit der Begründung zurückgewiesen, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (BGH, Beschluss vom 30.01.2012 - AnwZ (Brfg) 27/11).
4. Preiswerbung
Es ist grundsätzlich zulässig, mit Honoraren zu werben, solange das Sachlichkeitsgebot beachtet wird und die Werbung nicht irreführend ist. Zudem müssen insbesondere die Vorschriften des RVG und der BRAO beachtet werden.
4.1 Verbot der Vorteilsabgabe
Nach § 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO ist die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten, gleich welcher Art, unzulässig. Durch dieses Verbot soll verhindert werden, dass Rechtsanwälte in einen Wettbewerb beim Ankauf von Mandanten treten.
Der Betrieb eines Internetportals, der Rechtsanwälten die Möglichkeit bietet, unter anderem Terminsvertreter zu finden, und wofür im Erfolgsfall eine Transaktionsgebühr anfällt, verstößt nach OLG Karlsruhe (Urteil vom 05.04.2013 - AZ: 4 U 18/13, BRAK-Mitt. 2013, 130) nicht gegen das Verbot einer unzulässigen Vermittlungsgebühr nach § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO. Nach Einschätzung des Gerichts wird die erhobene Transaktionsgebühr für die erfolgreiche "Vermittlung" eines Terminsvertreters nicht für die Vermittlung geschuldet. Es werde lediglich das Medium für die Vermittlung der Übernahme einer Terminsvertretung zur Verfügung gestellt. Dabei sei die Bereitstellung der Internetplattform mit den Leistungen herkömmlicher Medien vergleichbar.
Entsprechend hatte bereits das BVerfG (NJW 2008, 1298) im Fall der Auktionsplattform "eBay" entschieden und angenommen, dass eine Versteigerung anwaltlicher Dienstleistungen auf ebay ebenfalls kein Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO darstellt. Auch insoweit wurde argumentiert, dass die zu zahlende, vom Höchstgebot anhängige Provision nicht für eine Vermittlung eines konkreten Mandats, sondern lediglich für die Zurverfügungstellung der Internetplattform als Werbemedium geschuldet werde (vgl. auch BVerfG vom 08.12.2010, GRUR 2011, 530 -Zahnarzt-Preisvergleich, GRUR 2011, 530; BGH vom 01.12.2010, GRUR 2011, 343 -zweite Zahnarztmeinung und vom 24.03.2011, GRUR 2011, 652).
Indes kann die Verauslagung von Reparatur-, Sachverständigen-, bzw. Abschleppkosten nach einer Entscheidung des BayAGH (Urteil vom 17.02.2014 - BayAGH III - 4 -7/13 - nicht rechtskräftig) einen Verstoß gegen § 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO darstellen. Kfz-Werkstätten erlangen einen wirtschaftlichen Vorteil, wenn Anwälte für ihre Mandanten, die Kunden dieser Reparaturwerkstätten sind, eine (teilweise) Vorfinanzierung der Reparaturrechnungen vornehmen. Sie müssen nicht auf das Unternehmerpfandrecht zurückgreifen und ggf. eine langwierige Verwertung des Pfandgegenstandes in die Wege leiten zu müssen, sondern erhalten Liquidität, über die sie sofort verfügen können. Verweisen Werkstätten aus diesem Grund ihre Kunden an die entsprechende Kanzlei, sei eine kausale Verknüpfung von Vermittlung und dem gewährten Vorteil gegeben, da sich die Gewährung oder die Entgegennahme des Vorteils und der beabsichtigte Abschluss eines Anwaltsvertrages wechselseitig bedingten.
4.2 Gebührenunterschreitung
Die Bestimmungen über Mindestpreise nach dem RVG sind Vorschriften, denen eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion zukommt. Sie sollen einen Preiswettbewerb um Mandate und die mittelbare Vereinbarung von Erfolgshonoraren in gerichtlichen Verfahren verhindern. Bei derartigen Mindestpreisvorschriften handelt es sich daher um Marktverhaltensregeln i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Ihre Verletzung ist wettbewerbswidrig und begründet nach § 49 b Abs. 1 BRAO zudem einen Berufsrechtsverstoß (BGH, Urteil vom 30.09.2004 - Az.: I ZR 261/02 - Telekanzlei; Urteil vom 01.06.2006 - I ZR 268/03 - Gebührenvereinbarung II und Beschluss vom 03.05.2007 - I ZR 137/05). Im Falle des Verstoßes gegen derartige Bestimmungen steht Mitbewerbern (Rechtsanwälten) daher ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 3, 8 Abs. I UWG zu. Ein Verstoß setzt dabei nicht voraus, dass tatsächlich gegen das Verbot der Gebührenunterschreitung erfolgt. Anwaltliche Werbung, welche auch nur die Bereitschaft erkennen lässt, für die prozessuale Tätigkeit des Anwalts die gesetzlichen Gebühren zu unterschreiten, ist unsachlich und damit unzulässig (BGH, NJW 2009, 534: BGH, Beschluss vom 09.06.2008 - AnwSt (R) 5/05).
Außergerichtliche Beratung:
Nach wohl hM gibt es allerdings im Bereich der außergerichtlichen Beratung keine gesetzlichen Mindestgebühren mehr (str. Henssler/Prütting, 3. Aufl. Rdnr. 37 zu 49 b: § 4 I Satz 2 RVG gilt; für § 4 II 2 RVG a.F. auch BGH NJW 2009, 534; s. aber AnwG München vom 01.02.2010, VIII ZB 15/10, BRAK-Mitt. 2010, 274; ebenso AGH Berlin BRAK-Mitt. 2007, 173- Kostenlose Rechtsberatung für Hartz-IV-Empfänger; OLG Stuttgart, BRAK-Mitt. 2007, 82- außergerichtliche Beratung mit niedrigen Pauschalgebühren; OLG Düsseldorf, DStRE 2008, 261; AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.05.2014 - 1 AGH 3/14, BRAK-Mitt. 2014, 207). Sieht das RVG für die außergerichtliche Beratung keine gesetzliche Vergütung vor, Bestehen gegen die Werbung mit dem Angebot einer kostenlosen Erstberatung an keine rechtlichen Bedenken.
Außergerichtliche Vertretung:
Anders ist es bei der außergerichtlichen Vertretung Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 RVG, wonach zwar eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung verlangt werden kann, diese aber in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts zu stehen hat. Insoweit steht dem Anwalt ein weites Ermessen zu (BGH, Beschluss vom 03.05.2007 - I ZR 137/05 - Erstberatung für 10,00 € bis 50,00 €). Wenn sich aber eine in Aussicht gestellte Pauschalvergütung nicht auf einen konkreten Einzelfall, sondern auf eine unbestimmte Vielzahl von Fällen bezieht, wird das entsprechende Erfordernis nur eingehalten, wenn - etwa durch eine Gebührenstaffelung - sichergestellt ist, dass in sämtlichen Fällen das erforderliche angemessene Verhältnis des Pauschalbetrags zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko gewahrt ist (BGH, Beschluss vom 9. 6. 2008 - AnwSt (R) 5/05).
IV. Verbot der Einzelfallmandatswerbung
Nach § 43 b BRAO darf die Werbung ferner "nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet sein".
Diese Regelung ist nach neuerer Rechtsprechung des BGH in richtlinienkonformer Auslegung auf Fälle zu beschränken, in denen die Werbung die Unabhängigkeit, die Würde, die Integrität der Rechtsanwaltschaft, die Wahrung des Berufsgeheimnisses oder die Interessen der Verbraucher beeinträchtigt (Urteil vom 13.11.2013 - I ZR 15/12 - Kommanditistenbrief). Denn seit dem 28.12.2009, dem Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie 2006/123/EG vom 12.12.2006, seien Werbeverbote nur bei einer durch eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls festzustellenden konkreten Gefährdung der unionsrechtlichen Interessen gerechtfertigt. Daraus folge, dass ein Werbeverbot zum Schutz des potenziellen Mandanten vor einer Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfreiheit durch Belästigung, Nötigung und Überrumpelung gerechtfertigt sein kann. Aus der gesetzlichen Anordnung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ergibt sich ferner, dass eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen sei. Dabei seien neben der Beeinträchtigung der genannten Schutzgüter auch Art und Grad der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers durch Form, Inhalt oder das verwendete Mittel der Werbung und sein etwaiges aktuelles Interesse an einer an seinem Bedarf ausgerichteten sachlichen Werbung zu berücksichtigen. Nach diesen Maßstäben verstoße ein Anwalt nicht zwingend gegen § 43 b BRAO, wenn er einen potenziellen Mandanten in Kenntnis eines konkreten Beratungsbedarfs (Inanspruchnahme als Kommanditist einer Fondsgesellschaft auf Rückzahlung von Ausschüttungen) persönlich anschreibe und seine Dienste anbiete. Ein Verstoß liege nicht vor, wenn der Adressat durch das Schreiben weder belästigt, genötigt oder überrumpelt wird und er sich in einer Lage befinde, in der er auf Rechtsrat angewiesen sei (anders noch BGH vom 15.03.2001; NJW 2001, 2886; KG BRAK-Mitt. 2010, 274).
Ist eine Werbung wie z. B. ein Rundschreiben indes tatsächlich geeignet, die umworbenen Anleger in "Angst und Schrecken" zu versetzen, ist eine freie Entscheidung zur Mandatierung nicht mehr gewährleistet und die Werbung daher unverändert unzulässig (vgl. OLG Hamburg NJW 2005, 2783 zu der unter Beifügung einer Prozessvollmacht gerichteten Mitteilung an Anleger, ihnen sei durch die Beteiligung bereits ein konkreter Schaden entstanden, ihr Risiko erhöhe sich fortlaufend; es bestehe dringender Handlungsbedarf).
Daneben kann sich die Unzulässigkeit aus einer Irreführung oder einem Verschweigen wesentlicher Umstände ergeben. So ist es irreführend, wenn eine namentlich adressiertes Schrieben an Anleger den Anschein erweckt, es erfolge im Namen einer als Idealverein organisierten Verbraucherschutzorganisation und verfolge in erster Linie den Zweck, einer massenhaften Petition an den Deutschen Bundestag zum Erfolg zu verhelfen, hinter dem Schreiben aber tatsächlich Rechtsanwälte stehen, die das Ziel verfolgen, weitere namentlich bekannte Anleger zur Erteilung eines konkreten Mandats zu veranlassen (OLG Köln vom 15.06.2012, Az 6 U 129/11; BRAK-Mitt. 2012, 281).
Ferner verstößt es gegen § 28 Abs. 3 BDSG (und damit auch gegen § 4 Nr. 11 UWG und § 43 b BRAO), wenn Kontaktdaten von Anlegern, die ein Rechtsanwalt im Namen eines Anlegers im Wege eines Auskunftsanspruchs von einer Fondsgesellschaft erlangt hat, seitens des Rechtsanwalts im eigenen Namen dazu verwendet werden, sich mit einem Werbeschreiben zum Zweck der Mandatsgewinnung an die Anleger zu wenden (OLG Köln, Urteil vom 17.01.2014; Az. 6 U 167/13; NJW 2014, 1820; OLG Naumburg vom 10.10.2003 - 1 U 17/03; NJW 2003, 3566 = BRAK-Mitt. 2014, 211; aA aber z. B. OLG München, Urteil vom 12.01.2012 ? 29 U 3926/11; GRUR-RR 2012, 395).
Es stellt keinen Verstoß gegen das Verbot der Werbung um einen Auftrag im Einzelfall nach § 43b BRAO dar, wenn auf der anwaltlichen Homepage Vollmachtformulare oder Honorarvereinbarungen zum Download bereitgestellt werden, da die Initiative zur Kontaktaufnahme vom Internetnutzer und potentiellem Mandant ausgeht. Dasselbe gilt für ein Online-Kontaktformular, da der potentielle Mandant die Website von sich aus aufrufen und selbst eine Kontaktanfrage stellen muss.
V. Werbung mit Erfolgs- und Umsatzzahlen
§ 6 Abs. (2) BORA lautet
Die Angabe von Erfolgs- und Umsatzzahlen ist unzulässig, wenn sie irreführend ist. Hinweise auf Mandate und Mandanten sind nur zulässig, soweit der Mandant ausdrücklich eingewilligt hat.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist auch das Verbot der Werbung mit Erfolgs- und Umsatzzahlen im Hinblick auf die durch Art. 12 GG gewährleistete Werbefreiheit "eng auszulegen" (Beschluss vom 09.06.2008 - AnwSt (R) 5/05; NJW 2009, 534). Die beanstandete Passage, in der der Rechtsanwalt auf eine Erfolgsquote bei Inkassoverfahren im Jahre 2002 von 78,4 % hingewiesen hatte, verstoße "nicht ohne Weiteres" gegen § 43b BRAO. Nur in Fällen, in denen durch die Erfolgsangabe eine Irreführung zu befürchten sei, sei eine solche Angabe verboten (ähnlich bereits zuvor OLG Nürnberg, Urteil vom 22. 6.2004 - 3 U 334/04; GRUR-RR 2004, 256- Umsatzzahlen).
VI. Informationspflichten nach § 5 DDG
1. Pflichtangaben:
Nach § 5 Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) müssen Rechtsanwälte, die eine Homepage unterhalten, folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar halten (z. B. unter "Kontakt" oder "Impressum"):
- Vollständiger Name und Anschrift, unter der sie zugelassen sind (Kanzleianschrift);
- Berufsbezeichnung (Rechtsanwalt)
- Bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform und Anschrift, unter der sie zugelassen sind, und den Vertretungsberechtigten;
- Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation ermöglichen (z. B. Telefon, Telefax) einschließlich E-Mail-Adresse;
- Angabe der zuständigen Rechtsanwaltskammer (RAK München mit vollständigen Kontaktdaten);
- Hinweis auf berufsrechtliche Regelungen (BRAO, BORA, RVG, FAO, CCBE); Verweisung mit Internetlinks zulässig;
- Umsatzsteuer-Id.-Nr. (soweit vorhanden)
2. Erreichbarkeit ("Runterscrollen", Doppelklick etc.)
Das Impressum muss mit einem entsprechend gekennzeichneten Link oder Button auf der Startseite der Homepage platziert sein. Nach der Rechtsprechung des OLG München (Urteil vom 11.09.2003 - Az. 29 U 2681/03) genügt es, wenn der Nutzer für den Abruf der Pflichtangaben nach § 5 DDG nicht mehr als zwei "Klicks" benötigt, z. B. zunächst unter "Kontakt" und dann weiter auf "Impressum". Dabei ist es zulässig, anstatt der Bezeichnung "Impressum" auch Angaben wie "Pflichtangaben" oder "Anbieterkennzeichnung" zu benutzen. Das Erfordernis der unmittelbaren Erreichbarkeit des Impressums kann fraglich sein, wenn der Nutzer einen Link auf das Impressum bei einer sehr umfangreichen Website erst nach langem "Runterscrollen" am unteren Ende der Website findet. Hier empfiehlt sich, den entsprechenden Link oberhalb der Website zu platzieren.
3. Angabe der Berufshaftpflichtversicherung im Impressum
Die Angabe der Berufshaftpflichtversicherung auf der anwaltlichen Homepage, z. B. im Impressum, ist nicht zwingend vorgeschrieben. Nach § 2 Abs. 1 DL-Info-VO ist der Rechtsanwalt zwar verpflichtet, u.a. Angaben zur Berufshaftpflichtversicherung - insbesondere Name und Anschrift der Versicherung sowie räumlicher Geltungsbereich der Versicherung - zu machen. Dies muss nach LG Dortmund (Urteil vom 26.03.2013 - 3 O 102/13) aber nicht in jedem Fall auf der anwaltlichen Homepage erfolgen, sondern nur dann, wenn über die anwaltliche Homepage ein Mandatsverhältnis zustande kommt, z. B. bei einer Online-Beratung.
VII. Kanzleinamen / Kundgabe gemeinschaftlicher Berufsausübung/Kurzbezeichnungen
1. § 8 BORA
§ 8 BORA (Kundgabe gemeinschaftlicher Berufsausübung und anderer beruflicher Zusammenarbeit) lautet:
Auf eine Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung darf nur hingewiesen werden, wenn sie in Sozietät oder in sonstiger Weise mit den in § 59a Bundesrechtsanwaltsordnung genannten Berufsträgern erfolgt. Die Kundgabe jeder anderen Form der beruflichen Zusammenarbeit ist zulässig, sofern nicht der Eindruck einer gemeinschaftlichen Berufsausübung erweckt wird.
§ 8 BORA unterscheidet zwischen der Kundgabe gemeinschaftlicher Berufsausübung und der Kundgabe anderer beruflicher Zusammenarbeit.
Nach § 8 Satz 1 BORA darf auf eine Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung nur hingewiesen werden, wenn sie in Sozietät oder in sonstiger Weise mit den in § 59a BRAO genannten Berufsträgern erfolgt. Eine gemeinschaftliche Berufsausübung ist de lege lata nach § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO also nur mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer, der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zulässig (Hinweis: Nach einem Beschluss des BGH vom 16.05.2013 - II ZB 7/11 verstößt die Beschränkung in § 59a Abs. 1 BRAO auf die darin genannten sozietätsfähigen Berufe gegen das Grundgesetz; der BGH hat deshalb die Sache nach Art. 100 GG dem BVerfG vorgelegt).
Nach dem Urteil des BGH vom 12.07.2012, AnwZ (Brfg) 37/11 ist eine Sozietät i.S. von § 8 Satz 1 BORA auch eine "Scheinsozietät", also ein Zusammenschluss von Rechtsanwälten, die in Wahrheit keine Sozietät in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden. Die Zusammenarbeit in "sonstiger Weise" erfasst Anstellungsverhältnisse und freie Mitarbeit. Der Eindruck einer Sozietät auf dem Briefkopf (Stichwort: Scheinsozius) ist nach BGH somit nicht irreführend und auch kein Verstoß gegen § 8 Satz 1 BORA.
§ 8 Satz 2 BORA erlaubt die Kundgabe jeder anderen Form der beruflichen Zusammenarbeit, sofern nicht der Eindruck einer gemeinschaftlichen Berufsausübung i.S.v. § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO erweckt wird.
Jede andere Form der beruflichen Zusammenarbeit ist z. B. eine Bürogemeinschaft, eine Kooperation oder ein sonstiges berufliches Netzwerk. Eine Kooperation, die entgegen § 8 BORA a.F. nicht mehr auf Dauer angelegt und durch tatsächliche Ausübung verfestigt sein muss, ist z. B. auch mit einem Arzt oder einem Architekten zulässig. Diese losere Form der Zusammenarbeit darf also nicht mit einer Kurzbezeichnung, einem Namen oder auf andere Art und Weise beworben werden, die den irrigen Eindruck einer gemeinschaftlichen Berufsausübung erwecken könnte.
Einheitliche Kurzbezeichnung für Kooperation nicht zulässig:
Nach dem BGH (Urteil vom 06.11.2013 - I ZR 147/12) kann eine Bürogemeinschaft oder eine Kooperation unternehmerisch eigenständiger Berufsträger nicht mit einer einheitlichen Kurzbezeichnung nach § 9 BORA versehen werden. Dies ist auf einem Briefkopf nur bei hinreichend deutlichen Hinweisen zulässig. Bei einem Briefkopf mit den Berufsbezeichnungen "Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater" geht der Verkehr davon aus, dass die so herausgestellten Berufsträger als Gesellschafter einer gemeinsamen Sozietät miteinander verbunden sind.
Bezeichnung "Kanzlei" für eine Kooperation nicht zulässig:
Unter dem Begriff einer "Kanzlei" wird eine organisatorische Einheit verstanden, die sich durch gemeinsame Räumlichkeiten und eine gemeinsame Infrastruktur auszeichnet. Sie muss auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Eine lose Kooperation oder ein Verbund unterschiedlicher Kanzleien i.S.v. § 8 Satz 2 BORA kann nicht als "Kanzlei" bezeichnet werden.
2. § 9 BORA
§ 9 BORA bestimmt:
Eine Kurzbezeichnung muss einheitlich geführt werden.
Damit wird berufsrechtlich bestimmt, dass das Irreführungsverbot (§ 5 UWG) auch für Kurzbezeichnungen gilt. Die Norm gilt nur für Berufsausübungsgesellschaften, nicht für Kooperationen. Das hat der BGH mit Urteil vom 06.11.2013, Az. I ZR 147/12 klargestellt. Für Einzelanwälte ist die Norm des § 9 BORA aber anwendbar, da auch diese eine Kurzbezeichnung führen dürfen.
Eine "Kurzbezeichnung" ist der gemeinsame Name einer Kanzlei, die "anwaltliche Firma". Das können die Namen der Sozien sein, aber auch eine Phantasiebezeichnung. Eine Kurzbezeichnung muss aber nicht kurz sein. Von § 9 BORA werden auch Lang- oder Vollbezeichnungen erfasst.
Bezeichnung für eine Kooperation:
Eine Kooperation kann keine Kurzbezeichnung nach § 9 BORA führen, weil es sich insoweit nicht um eine Berufsausübungsgemeinschaft handelt. Gleichwohl ist es einem Rechtsanwalt gestattet, auf seine auf Dauer angelegte und durch tatsächliche Ausübung verfestigte Kooperation mit einem Wirtschaftsprüfer und/oder Steuerberater in geeigneter Weise hinzuweisen (§ 8 Satz 2 BORA). Dies darf jedoch nicht so geschehen, dass den Mitgliedern der Kanzlei besondere Befähigungen zugewiesen werden, die allein der Kooperationspartner aufweist (BGH, NJW 2003, 346; BGH, Urteil vom 06.11.2013 - 1 ZR 147/12, Rn. 13).
Drei Namen in einer Kurzbezeichnung:
Ein anwaltlicher Briefbogen verstößt gegen §§ 9, 10 Abs. 2 Satz 3 BORA, wenn in einer Kurzbezeichnung drei Namen wie "Müller - Meier - Schulze" enthalten sind, aber nicht mindestens drei Rechtsanwälte namentlich auf dem Briefkopf aufgeführt werden (LG Arnsberg, BRAK-Mitt. 2011, 256).
Kurzbezeichnung bei mehreren Kanzleien oder Zweigstellen:
Wird bei gemeinschaftlicherBerufsausübung eine Kurzbezeichnung gewählt, so muss die Kurzbezeichnung bei der Unterhaltung von mehreren Kanzleien oder Zweigstellen einheitlich geführt werden.
VIII. Briefbogengestaltung
§ 10 BORA enthält spezielle Regelungen für die Briefbogengestaltung und lautet:
(1) Der Rechtsanwalt hat auf Briefbögen seine Kanzleianschrift anzugeben. Kanzleianschrift ist die im Rechtsanwaltsverzeichnis als solche eingetragene Anschrift (§ 31 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz, § 27 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung). Werden mehrere Kanzleien, eine oder mehrere Zweigstellen unterhalten, so ist für jeden auf den Briefbögen Genannten seine Kanzleianschrift anzugeben.
(2) Auf Briefbögen müssen auch bei Verwendung einer Kurzbezeichnung die Namen sämtlicher Gesellschafter mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen aufgeführt werden. Gleiches gilt für Namen anderer Personen, die in einer Kurzbezeichnung gemäß § 9 enthalten sind. Es muss mindestens eine der Kurzbezeichnung entsprechende Zahl von Gesellschaftern, Angestellten oder freien Mitarbeitern auf den Briefbögen namentlich aufgeführt werden.(3) Bei beruflicher Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe sind die jeweiligen Berufsbezeichnungen anzugeben.
(4) Ausgeschiedene Kanzleiinhaber, Gesellschafter, Angestellte oder freie Mitarbeiter können auf den Briefbögen nur weitergeführt werden, wenn ihr Ausscheiden kenntlich gemacht wird.
1. § 10 Abs. 1 BORA
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA hat der Rechtsanwalt auf Briefbögen seine Kanzleianschrift anzugeben. "Kanzleianschrift" ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BORA die im Rechtsanwaltsverzeichnis als solche eingetragene Anschrift (§ 31 Abs. 3 Satz 1 1. HS, § 27 Abs. 1 BRAO). Somit hat jeder Rechtsanwalt auf seinem Briefbogen die Kanzleianschrift anzugeben, unter der er bei der Rechtsanwaltskammer zugelassen ist ("Hauptkanzlei"). Dies gilt auch, wenn der Rechtsanwalt einen eigenen Zweigstellenbriefbogen verwendet. Werden mehrere Kanzleien, eine oder mehrere Zweigstellen unterhalten, so ist für jeden auf den Briefbögen Genannten seine Kanzleianschrift anzugeben (§ 10 Abs. 1 Satz 3 BORA). Anzugeben ist also jeweils die Hauptkanzlei für jeden Rechtsanwalt, der auf einem Briefbogen genannt wird.
Angabe der Hauptkanzlei und Zweigstelle:
Nach Aufhebung des Zweigstellenverbots (§ 28 BRAO a.F.) ist es jedem Rechtsanwalt erlaubt, eine zweite Kanzlei zu errichten. Auf dem Briefbogen der Hauptkanzlei muss nicht auf die Zweigstelle hingewiesen werden. Ein Hinweis auf die Zweigstelle ist aber erlaubt. Umgekehrt muss aber bei einem gesonderten Briefbogen einer Zweigstelle auf die Hauptkanzlei (Anschrift, unter der der betreffende Anwalt bei der Rechtsanwaltskammer zugelassen ist), hingewiesen werden.
Nach § 10 Abs. 1 BORA muss ein Rechtsanwalt auf Briefbögen seine Kanzleianschrift angeben. Nachdem der BGH mit Urteil vom 16.05. 2012, Az. I ZR 74/2011 entschieden hatte, dass es auf einem Zweigstellenbriefbogen nach § 10 Abs. 1 BORA a.F. genüge, nur die Anschrift der jeweiligen Zweigstelle anzugeben, hat die Satzungsversammlung dies zum Anlass genommen, in § 10 Abs. 1 BORA eine Klarstellung vorzunehmen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BORA ist die Kanzleianschrift die im Rechtsanwaltsverzeichnis als solche eingetragene Anschrift (§ 31 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz, § 27 Abs. 1 BRAO). Damit ist klargestellt, dass die jeweilige "Hauptkanzlei" des betreffenden Rechtsanwalts auf dem Kanzleibriefbogen anzugeben ist. Dies gilt grundsätzlich auch für den Briefbogen einer Zweigstelle. (Dazu im Einzelnen mit Praxisbeispielen Remmertz, Angabe der Kanzleianschrift auf Briefbögen, RAK-Mitteilungen 03/2013, 4f.).
2. § 10 Abs. 2 BORA
Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BORA müssen auf Briefbögen auch bei Verwendung einer Kurzbezeichnung die Namen sämtlicher Gesellschafter mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen aufgeführt werden. Gleiches gilt für Namen anderer Personen, die in einer Kurzbezeichnung gemäß § 9 BORA enthalten sind. Es muss mindestens eine der Kurzbezeichnung entsprechende Zahl von Gesellschaftern, Angestellten oder freien Mitarbeitern auf den Briefbögen namentlich aufgeführt werden.
Das BVerfG hat mit Beschluss vom 24.03.2009 (NJW 2009, 2587) klargestellt, dass diese Vorschrift verfassungskonform ist. Die Regelung dient der Transparenz sowie der Information des rechtsuchenden Publikums. Dieses werde in die Lage versetzt zu kontrollieren, mit Hilfe der namentlichen Benennung der Berufsträger auf dem Briefkopf, ob die Kanzlei tatsächlich die durch die Kurzbezeichnung suggerierte Größe aufweist.
Nach dem Landgericht Arnsberg (Urteil vom 03.03.2011 - 8 O 32/2011) verstößt es z. B. gegen § 10 Abs. 2 Satz 3 BORA, wenn in der Kurzbezeichnung drei Namen enthalten sind, aber nicht mindestens drei Rechtsanwälte namentlich aufgeführt sind. Das Gericht betont, dass der Name eines ehemaligen Rechtsanwalts und jetzigen Kooperationspartners der Sozietät nicht in der Kurzbezeichnung geführt werden kann.
3. § 10 Abs. 3 BORA
§ 10 Abs. 3 BORA bestimmt, dass bei beruflicher Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe die jeweiligen Berufsbezeichnungen anzugeben sind.
4. § 10 Abs. 4 BORA
Ausgeschiedene Kanzleiinhaber, Gesellschafter, Angestellte oder freie Mitarbeiter können auf den Briefbögen nach § 10 Abs. 4 BORA nur weiter geführt werden, wenn ihr Ausscheiden kenntlich gemacht wird. Ein Kenntlichmachen ist z. B. durch einen Sternchen-Hinweis möglich. Fall der Ausgeschiedene verstorben sein sollte, ist auch das nachgestellte Kreuz möglich. Je nach Einzelfall kann es zur Vermeidung einer Irreführung erforderlich sein, die Weiterführung des Ausgeschiedenen auf dem Briefkopf nur für eine bestimmte Übergangszeit zu gestatten.