§ 43 a Abs. 2 BRAO
Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
§ 2 BORA Verschwiegenheit
(1) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet und berechtigt. Dies gilt auch nach Beendigung des Mandats.
(2) Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung) liegt nicht vor, soweit Gesetz und Recht eine Ausnahme fordern oder zulassen.
(3) Ein Verstoß ist nicht gegeben, soweit das Verhalten des Rechtsanwaltsa) mit Einwilligung erfolgt oder
b) zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist, z. B. zur Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis oder zur Verteidigung in eigener Sache, oder
c) im Rahmen der Arbeitsabläufe der Kanzlei einschließlich der Inanspruchnahme von Leistungen Dritter erfolgt und objektiv einer üblichen, von der Allgemeinheit gebilligten Verhaltensweise im sozialen Leben entspricht (Sozialadäquanz).(4) Der Rechtsanwalt hat seine Mitarbeiter zur Verschwiegenheit schriftlich zu verpflichten und anzuhalten, auch soweit sie nicht im Mandat, sondern in sonstiger Weise für ihn tätig sind.
(5) Abs. 4 gilt auch hinsichtlich sonstiger Personen, deren Dienste der Rechtsanwalt in Anspruch nimmt unda) denen er verschwiegenheitsgeschützte Tatsachen zur Kenntnis gibt oder
b) die sich gelegentlich ihrer Leistungserbringung Kenntnis von verschwiegenheitsgeschützten Tatsachen verschaffen können.Nimmt der Rechtsanwalt die Dienste von Unternehmen in Anspruch, hat er diesen Unternehmen aufzuerlegen, ihre Mitarbeiter zur Verschwiegenheit über die Tatsachen gemäß Satz 1 zu verpflichten. Die Pflichten nach Satz 1 und 2 gelten nicht, soweit die dienstleistenden Personen oder Unternehmen kraft Gesetzes zur Geheimhaltung verpflichtet sind oder sich aus dem Inhalt der Dienstleistung eine solche Pflicht offenkundig ergibt.
(6) Der Rechtsanwalt darf Personen und Unternehmen zur Mitarbeit im Mandat oder zu sonstigen Dienstleistungen nicht hinzuziehen, wenn ihm Umstände bekannt sind, aus denen sich konkrete Zweifel an der mit Blick auf die Verschwiegenheitspflicht erforderlichen Zuverlässigkeit ergeben und nach Überprüfung verbleiben.
(7) Die Bestimmungen des Datenschutzrechts zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.
Aus der Verschwiegenheitspflicht resultieren Vorschriften zum Zeugnisverweigerungsrecht in den §§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, §§ 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO, § 97 StPO. Auf Ziffer 2.3 CCBE ist ergänzend zu verweisen.Grundsatz
Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht ist tragender Pfeiler des Vertrauens des Mandanten in die Anwaltschaft. Jeder Mandant muss sich darauf verlassen können, dass das, was er dem Anwalt anvertrauen wird, von diesem nicht weitergetragen wird. Es ist – neben der Verpflichtung, keine widerstreitenden Interessen zu vertreten – die wichtigste Grundpflicht des Anwalts und hat für das anwaltliche Berufsbild konstitutive Bedeutung (Henssler in: Henssler/Prütting, BRAO §, 43 a Rn. 41). Die Berufsverschwiegenheit ist wesentliches Markenzeichen der Anwaltschaft. Mit ihr darf nicht großzügig umgegangen werden. Der berufsrechtliche Schutzbereich ist weitergefasst als der strafrechtliche: Er umfasst alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekannt wird; der strafrechtliche Schutz des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB bezieht sich dagegen nur auf den Schutz von „fremden Geheimnissen“. Der Herr des Schweigerechts und der Schweigepflicht des Rechtsanwalts ist der Mandant; zu seinem Schutz besteht die Verschwiegenheitspflicht, nur er kann hiervon entbinden. Weitere Einschränkungen können sich nur aus ganz besonderen überragenden Gründen des Gemeinwohls ergeben, z. B. bei Aufklärung schwerster Straftaten; dabei ist eine Rechtsgüterabwägung vorzunehmen (Feuerich/Weyland/Böhnlein, BRAO, 8. Aufl., § 43a BRAO, Rn. 14). Gesetzlich geregelt ist die Anzeigepflicht gemäß § 138 StGB; auch als Drittschuldner muss der Rechtsanwalt im Rahmen des § 840 ZPO Auskunft erteilen, auch wenn er selbst die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO abgeben muss.
Die Verschwiegenheit bezieht sich auf alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs bekannt geworden ist; sie besteht nach der Beendigung des Mandates fort. Sie bezieht sich auf alle Angestellten und freien Mitarbeiter der Kanzlei, § 2 Abs. 4 BORA. Nach § 59m Abs. 3 BRAO gilt für anwaltliche Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft das Gleiche; die Verpflichtung erstreckt sich auf andere Gesellschafter und Mitglieder der Aufsichtsorgane.
Im Nachfolgenden werden einige Spannungsfelder/Problemfelder, die in der Tagesarbeit eine Rolle spielen, aufgegriffen und erörtert; auf Fragen der Geldwäsche wird an dieser Stelle nicht eingegangen. Allerdings greifen wir auch Anregungen von Kolleginnen und Kollegen auf Ergänzungen gerne auf.
Schweigepflicht gegenüber dem Jobcenter
Jobcenter verlangen gelegentlich von Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten unter Berufung auf § 60 Abs. 2 SGB II bzw. § 66 SGB X Auskunft z. B. über Unterhaltsansprüche von Kindern, die gegenüber Eltern durchgesetzt worden sind, gegebenenfalls in welcher Höhe und wie die Zahlungsflüsse waren.
§ 60 Abs. 1 SGB II ist keine Rechtsgrundlage für eine Auskunftspflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem Jobcenter. Denn es regelt die Pflichten des Verwahrers eines Guthabens oder Vermögens; gemeint sind vor allem Bank- und Geldinstitute sowie Versicherungen (Mever in Gagel, SGB III – Arbeitsförderung/SGB II, Stand 2013, § 60 Rn. 3). Ebenso können die für Hilfsbedürftige in Vermögensangelegenheiten tätig werdenden oder diejenigen, die Vermögen für ihn verwahren, in Betracht kommen. Der Rechtsanwalt wird in § 60 Abs. 2 SGB II nicht genannt. Deshalb kann durch eine erweiternde Auslegung nicht in die Pflicht zur Verschwiegenheit eingegriffen werden. Die Pflicht zur Verschwiegenheit bezieht sich eben auf alles, was dem Anwalt bei der Ausübung des Berufs bekannt geworden ist, ohne dass es darauf ankommt, von wem und auf welche Weise er sein Wissen erworben hat (BGH Beschluss vom 16.02.2011 – IV ZB 23/09).
Auskunftsverpflichtung gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin)
§ 44c KWG verpflichtet Unternehmen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Bankgeschäfte betrieben werden, auf Verlangen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen oder der Deutschen Bundesbank Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen.
Kann hiervon unser Berufsstand betroffen sein?
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.2011 – 8 C 24.10 – ist das Recht und die Verpflichtung zur anwaltlichen Verschwiegenheit durch die Pflichten aus § 44 c Abs. 1 KWG zur Auskunftserteilung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eingeschränkt. Ausgangspunkt für diese Entscheidung war folgender Fall:
Ein Anwalt hatte auf seinem Giro-Konto von verschiedenen Zahlungsanweisern innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen etwa 496.000,00 € mit dem Betreff „S.Portfolio“ erhalten; das Geld wurde zumindest teilweise für den Erwerb von Wertpapieren verwendet. Ein weiterer Betrag in Höhe von 170.000,00 € sollte an einen anderen Rechtsanwalt überwiesen werden.
Die BaFin war der Auffassung, es könnte ein Bankgeschäft vorliegen und forderte deshalb den Rechtsanwalt auf, Auskunft über die Geschäfte zu erteilen; die Auskunft wurde nicht erteilt, mit dem Hinweis, dass die Entgegennahme und Weiterleitung von Mandantengeldern zum Tagesgeschäft eines Rechtsanwalts gehöre.
Nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts betreibt ein Unternehmen im Sinne des § 44 c Abs. 1 Satz 1 KWG jeder Akteur, dem eine von § 44 c Abs. 1 Satz 1 KWG erfasste Geschäftstätigkeit zugerechnet werden kann, also auch einem selbständig tätigen Rechtsanwalt (aaO, Rn. 16). Den Auskunftspflichten eines Unternehmers, selbst wenn er Rechtsanwalt ist, steht nicht die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gegenüber, die nur aufgrund einer ausdrücklichen Regelung eingeschränkt werden könne, § 44c Abs. 1 KWG reichen hierfür. Die anwaltliche Schweigepflicht setze auch voraus, dass das spezifisch anwaltliche Element der Tätigkeit nicht völlig in den Hintergrund tritt (BGH Urt. v. 08.07.1999 – IX ZR 338/97), was nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts hier naheliegend wäre.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die BaFin allerdings grundsätzlich darauf hingewiesen, dass die Verschwiegenheitsverpflichtung des Rechtsanwalts auf jeden Fall zu beachten ist. Im Rahmen des behördlichen Ermessens kann die BaFin einen Rechtsanwalt erst dann verpflichten, Auskunft zu erteilen, wenn ein Vorgehen gegen seinen Mandanten nicht möglich oder erfolgversprechend ist. Auch das Schweigerecht und die Schweigepflicht des Rechtsanwalts ist gemäß Art. 12 Abs. 1 GG Bestandteil des grundrechtlichen Schutzes der anwaltlichen Tätigkeit. Ein Eingriff in diese anwaltlichen Grundpflichten kann durch Auskunfts- und Vorlageverlangen nur im Ausnahmefall erfolgen. Das Bundesverwaltungsgericht sieht die Kontrolle des Kredit- und Finanzmarktes als vorrangig an, einschließlich der Stabilität des Finanzsystems, mithin den Schutz der Allgemeinheit und des einzelnen Anlegers vor unseriösen Angeboten auf dem Finanzmarkt. Deshalb stehe grundsätzlich das Recht und die Verpflichtung zur anwaltlichen Verschwiegenheit der Pflicht aus § 44 c Abs. 1 KWG zur Auskunftserteilung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung gegenüber. Allerdings ist ein Auskunftsverlangen der Bundesanstalt gegenüber einem Rechtsanwalt nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und deshalb ermessensfehlerhaft, wenn ein Vorgehen gegen dessen Mandanten möglich und erfolgversprechend ist.
Durchsetzung einer Honorarforderung
Zur Durchsetzung eigener Honoraransprüche ist der Rechtsanwalt von seiner Verschwiegenheitspflicht gemäß § 2 Abs. 3 lit. b BORA befreit, soweit dies für die Durchsetzung der Ansprüche erforderlich ist. Er kann damit seiner Darlegungs- und Beweislast nachkommen. Der Rechtsanwalt ist befugt, in einem eigenen Prozess das vorzutragen, was grundsätzlich der Verschwiegenheit unterliegt. Der Mandant, der den Anwalt in den Honorarprozess hineintreibt, veranlasst den Interessenkonflikt des Anwalts zwischen ihm zustehender Durchsetzung seiner Honoraransprüche und seiner Verschwiegenheitspflicht (Hartung/Holl, Berufsrecht, § 2 Rn. 43; Henssler/Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 102). Die Berufsordnung sieht allerdings vor, dass die Offenbarung nur zulässig ist, soweit es zur „Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis ... erforderlich ist“. Das Erfordernis ist weit auszulegen: Der Rechtsanwalt darf zur Durchsetzung seiner Honoraransprüche auf jeden Fall den ihm sinnvollsten Weg (Klage/Kostenfestsetzung/ vorläufige Sicherung durch Arrest oder einstweilige Verfügung) ohne Einschränkungen wählen. Er steht nicht schlechter als andere Gläubiger, selbst wenn er aufgrund seiner Mandatsbeziehung „mehr“ weiß (ausdrücklich gegen KG Urteil vom 07.10.1993 – 16 U 4836/93, OLGZ 1994, 360: Danach war zur Begründung eines Arrestes auf ein Gespräch zwischen Anwalt und Mandant Bezug genommen worden, wonach wesentliche Vermögenswerte auf Dritte übertragen werden sollten, um sie der Zwangsvollstreckung zu entziehen; wie hier: Hartung in Hartung/Römermann, BerufsO, 4. Aufl. § 2 BORA Rn. 43). Der Rechtsanwalt muss auch nicht auf geringe Honoraransprüche verzichten, wenn gegebenenfalls Geheimnisse von hochrangiger Bedeutung zur Begründung des Anspruches dargelegt werden müssen (aA Henssler/Prütting, aaO, § 43 a Rn. 102). Empfehlenswert wäre allenfalls, dass der Anwalt seinen Mandanten vor gerichtlicher Geltendmachung auf diese Situation hinweist (ohne in die Gefahr der Nötigung zu geraten).
Verschwiegenheitspflicht im berufsrechtlichen Verfahren
In einem berufsrechtlichen Verfahren ist der Anwalt zwar gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 BRAO verpflichtet, dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer Auskunft zu geben und auf Verlangen seine Handakten vorzulegen. Auf dieses Recht zur Auskunftsverweigerung ist er hinzuweisen, wenn er seine Verpflichtung zur Verschwiegenheit verletzen oder sich durch wahrheitsgemäße Beantwortung und der Vorlage seiner Handakten der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat, einer Ordnungswidrigkeit oder einer Berufspflichtverletzung verfolgt zu werden; er hat sich auf sein Recht zu schweigen zu berufen, § 56 Abs. 1 Satz 2 BRAO. § 56 Abs. 1 Satz 2 BRAO gibt dem Rechtsanwalt auf, zu beachten, dass er im Rahmen der Auskunftserteilung nur das „Erforderliche“ offenbaren darf (Scharmer in Hartung/Holl, BerufsO, 4. Aufl., § 56 BRAO, Rn. 38). Die Verschwiegenheitsverpflichtung ist also verletzt, wenn Umstände aus dem Mandat dem Kammervorstand mitgeteilt werden, die nicht angefragt sind und die im Rahmen der erforderlichen Auskunft nicht notwendig sind, mitgeteilt zu werden. Die Pflicht zur Verschwiegenheit ist dagegen nicht verletzt, wenn entweder der Anwalt von seiner Schweigepflicht entbunden ist oder wenn der Mandant den Anwalt selbst angezeigt hat oder die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Vordergrund stehen (Kleine-Cosack, BRAO, 4. Aufl. § 56 Rn. 5).
Tod des Mandanten
Mit dem Tod des Mandanten (und damit dem Mandatsende) entfällt in keinem Fall die Geheimhaltungspflicht bzw. das Zeugnisverweigerungsrecht; das Recht geht auch nicht auf die Erben über (BGH NJW 1968, 1773; BGH v. 25.11.1974 – NotZ/74, DNotZ 1975, 420; OLG München AnwBl 1975, 159/161).
Das Recht von der Verschwiegenheit zu entbinden geht nicht auf die Erben über (RGZ 71, 22; OLG Celle NJW 1965, 362); auch das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO ist ein höchst persönliches Recht und geht nicht auf die Erben über (BGHSt 21, 303/305). Deshalb bleibt für die Entbindung von der Verschwiegenheit kein Raum mehr (LG Koblenz vom 29.03.1983 – 9 Qs 65/83, AnwBl 1983, 328/329). Mit dem Tod des Mandanten ist das Recht zur Entbindung von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit beendet. Damit hat der betroffene Rechtsanwalt unter Berücksichtigung der Kenntnis seiner Gespräche mit dem Verstorbenen eigenverantwortlich zu entscheiden, ob es dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Mandanten entspricht, ob er aussagen will (BGH bei Holz, MDR 1980, 812/815; LG Koblenz vom 29.03.1983 – 9 Qs 65/83, AnwBl 1981, 328/329; Henssler, aaO, § 43a Rn. 65). OLG München AnwBl 1975, 159: Entscheidend ist die vermutete persönliche Gewissensentscheidung des Mandanten (vgl. auch BayObLG v. 02.03.1966 – BReg. 1a 76/65, NJW 1966, 1664); sie steht auch über dem öffentlichen Interesse an der Wahrheitsfindung. Der Anwalt sollte bei einer Entscheidung zur Aussage möglichst objektivierbare Anhaltspunkte aus der Mandatsbeziehung haben, mit welchen er begründen kann, dass der Mandant ihn von der Verschwiegenheit entbunden hätte.
Verschwiegenheit bei Bürogemeinschaft / freien Mitarbeitern
Grundsätzlich gilt die Verschwiegenheit gegenüber jedermann, also auch gegenüber den weiteren in einer Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwälten; Rechtsanwälte innerhalb einer Sozietät, Partnerschaftsgesellschaft oder GmbH nehmen das Mandat gemeinsam entgegen; jeder ist an die Verschwiegenheitspflicht gebunden. Dies gilt bei Bürogemeinschaften grundsätzlich nicht. Die gleichen Probleme bestehen, wenn eine ständige Kooperation mit einem freien Mitarbeiter erfolgt. Hier ist auf § 30 BORA zu verweisen: Danach können sich Rechtsanwälte in sonstiger Weise verbinden, wenn der Partner ebenfalls das anwaltliche Berufsrecht zu beachten hat (so: Hartung/Römermann, BerufsO, 4. Aufl. § 2 Rn. 21; Henssler/Prütting, aaO, § 43 a Rn. 86). Mit der Bildung/Gründung der Bürogemeinschaft müssen die Vertragspartner vertraglich festlegen, dass jeder und die Mitarbeiter gegenseitig zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Die Verschwiegenheitspflicht gilt gemäß § 2 Abs. 4 BORA auch für Mitarbeiter.
Werden aus einer früheren Tätigkeit als freier Mitarbeiter Ansprüche gegen den Rechtsanwalt geltend gemacht, liegt ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht nicht vor, weil § 2 Abs. 3 lit. b BORA ja zur Wahrung der berechtigten Interessen insoweit eine Befreiung einräumt; der Anwalt darf allerdings nicht mehr als das zu seiner Durchsetzung und/oder Abwehr von geltend gemachten Ansprüchen Erforderliche offenbaren.
Die Frage, ob einem vormals angestellten Rechtsanwalt, der von seinem früheren Arbeitgeber als Zeuge benannt wird, in einem Honorarprozess gegen einen früheren Mandanten ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht (wie vom LG Weiden im B. v. 05. November 2006 – Az.: 2 T 130/06 – verneint worden ist), konnte deshalb vom Bundesverfassungsgericht im B. v. 17.03.2008 – 1 BvR 3069/06, BayVBl 2008, 574 nicht beantwortet werden, weil der dortige Beschwerdeführer wesentliche Kernaussagen verschwiegen hatte, nämlich, dass er vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts sich zum einen schriftlich bereit erklärt hatte, schriftlich auszusagen, zum anderen bereits schriftlich ausgesagt hatte. Dem Beschwerdeführer wurde eine Missbrauchsgebühr von 500,00 € auferlegt.
Praxisverkauf
Eine Kanzleiübernahme, ein Kanzleiverkauf befreit nicht von der Verschwiegenheitspflicht. Grundsätzlich muss beim Praxenverkauf das Einverständnis der Mandanten mit der Fortführung der Mandate durch den Käufer vorliegen. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden (BGH NJW 1995, 2026; NJW 1996, 2087; NJW 2001, 2462; BGH vom 11.12.1991 – XIII ZR 4/91, BGHZ 116, 268/272ff für die Arztpraxis), dass für einen Übernahmevertrag (über das Mandatsverhältnis) die Einwilligung der Mandanten vorliegen muss. Anderenfalls ist der Vertrag nichtig. Zur Übertragung und Übergabe von Handakten und Mandantendaten ist die Einwilligung erforderlich.
Hat allerdings der Anwalt bereits in der Kanzlei mitgearbeitet, sei es als Außensozius oder als Angestellter der Übergabepraxis (hierzu: BGH NJW 2001, 1285), bestehen keine Bedenken der Mandatsübernahme, auch wenn nicht ausdrücklich die Sozietät, sondern ein Einzelmitglied der Sozietät beauftragt worden ist.
Zusammenfassend:
- Die Weitergabe der Mandatsunterlagen bedarf der Einwilligung der Mandanten.
- Die im Zusammenhang mit dem Kauf gewollte Übertragung/Abtretung der Honorarforderungen erfolgt gemäß § 49b Abs. 4 BRAO und ist in diesem Rahmen zulässig (vgl. dort).
- Die Aufnahme eines Außensozius ist ohne Zustimmung der Mandanten zulässig: BGH vom 13.06.2001 – VIII ZR 176/00, BGHZ 148, 97 = NJW 2001, 2462 = Hartung/Römermann, BerufsO, Anh. § 27 Rn. 20), auch wenn bereits beabsichtigt ist, dass die Kanzlei an diesen verkauft werden wird.
Offenkundige Tatsachen
Die Verschwiegenheit gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Offenkundig ist auf jeden Fall alles, was allgemeinkundig ist, § 291 ZPO. Allgemeinkundig sind Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen in der Regel ohne Weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich doch jederzeit durch Benutzung allgemein zugänglicher zuverlässiger Kenntnisquellen unschwer überzeugen können (seit: BVerfG vom. 03.11.1959 – BVerfGE 10, 177, BayObLG NJW 1999, 1727; Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl. § 203 Rn. 10). Offenkundig sind neben Quellen wie Telefon- und Adressbüchern, Bibliotheken und allgemein zugänglichen Internetseiten öffentliche Register, in die grundsätzlich jedermann, sei es auch nach Anmeldung oder Entgelt oder Darlegung oder Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses, Einblick nehmen oder aus denen er Auskunft erlangen kann (Handelsregister; Vereinsregister; Güterrechtsregister; Melderegister für einfache Auskünfte gemäß § 21 Abs. 1 MRRG; Denkmalbücher; nicht allerdings Fahrzeug- und Halterdaten, die gemäß § 39 Abs. 1 StVG übermittelt werden – BGHZ 48, 28; aA: BayObLG NJW 1999, 1727). Da die Abgrenzung und die Bewertung, ob eine Tatsache, „einem größeren, nicht durch individuelle Beziehungen verbundenen Personenkreis bekannt sind oder über die sich jeder aus unschwer zugänglichen Quellen unterrichten kann“ (Hartung/Hartung, Anwaltliche Berufsordnung, § 2 BORA Rn. 23), nicht immer auf der Hand liegt, sollte der Rechtsanwalt bei der Qualifizierung einer Tatsache als offenkundig sehr zurückhaltend sein.
Keiner Geheimhaltung bedürftige Tatsachen können solche sein, deren Bekanntwerden eine Beeinträchtigung weder öffentlicher Belange noch der vom Rechtsanwalt zu beachtenden und gegebenenfalls zu schützenden Belange Dritter verursacht. Dabei ist auf die konkrete Bedeutung der Tatsache unter dem Gesichtspunkt der durch Geheimhaltung zu schützenden privaten Belange abzustellen. Subjektiv sind die Vorstellungen des Mandanten entscheidend: Kann eine Tatsache, die der Mandant für geheimhaltungswürdig ansieht, objektiv eine Bagatelle sein, geht der Wille des Mandanten vor. Die umgekehrten Fälle sind nur über die Befreiung von der Schweigepflicht zu lösen (vgl. Hartung, aaO. § 2 BORA Rn. 24).
Beispiele:
Bei einem umfangreichen komplizierten Sachverhalt ist die Aushändigung der anwaltlichen Handakten an einen Dritten unzulässig, selbst wenn zuvor zulässigerweise mündlich mit dem Dritten über die Angelegenheit gesprochen war (OLG Nürnberg, AnwBl 1995, 195).
Die Verwendung von Wissen aus verschiedenen Mandaten in konkurrierenden bzw. gegenläufigen Mandaten ist unzulässig (kritisch: zu dieser Auffassung Kleine-Cosack, BRAO, 4. Aufl. § 43a Rn. 17). Dem Rechtsanwalt ist untersagt, dem einen Mandanten etwas zu offenbaren, was ihm von einem anderen Mandanten anvertraut wurde. Er darf zwar bei Kenntnis sensibler Informationen tätig werden, sie auch verwenden, jedoch nicht offenbaren, also die Herkunft deutlich machen.
Die Offenkundigkeit kann sich auch ändern: Denn es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung an, entscheidend ist der Zeitpunkt der Weitergabe der Information (Henssler/Prütting, aaO, § 43a Rn. 55). Offenkundig ist z. B. nicht, was in einer Gerichtsverhandlung erörtert ist, wenn die Öffentlichkeit tatsächlich keine Notiz von der Verhandlung genommen hat oder die Verhandlung zeitlich lange zurückliegt (OLG Köln NJW 2000, 3656; AnwG Freiburg, BRAK-Mitt. 2002, 94).
Strafanzeige gegen den Mandanten
Aus Verärgerung über nicht bezahlte Honorarrechnungen wird nicht selten überlegt, ob gegen den Mandanten Strafanzeige gestellt werden sollte. Zu diesem Zwecke muss jedoch der Rechtsanwalt den Inhalt des Mandates darlegen, auch dass der Mandant von ihm vertreten worden ist. Das kann ein Verstoß gegen die Verschwiegenheit sein. Ein berechtigtes Interesse zur Offenbarung ist kaum ersichtlich: Zur Durchsetzung des Honoraranspruches dient die Zivilgerichtsbarkeit. Das Strafverfahren schützt nicht den Rechtsanwalt. Außerhalb des § 138 Abs. 1 StGB besteht deshalb auch bezogen auf Straftaten, die der Mandant begangen hat, im Grundsatz ein Verbot der Offenbarung. Die Schweigepflicht geht vor; die Verschwiegenheitspflicht ist der Preis für das Vertrauen, ohne das der Rechtsanwalt seine Aufgaben nicht erfüllen kann. Deshalb ist die Offenbarung ihm anvertrauter Tatsachen als ultima ratio nur gerechtfertigt, wenn die dem Rechtsanwalt drohenden Nachteile schwer wiegen, alle anderen Wege, Ruf und Ansehen zu wahren, keinen Erfolg haben.
Erstellt jedoch der Mandant eine Strafanzeige gegen den Anwalt, kann im Rahmen des Erforderlichen selbstverständlich der Bruch der Verschwiegenheitspflicht zulässig sein (Hartung, BORA/FAO, 5. Aufl., § 2 BORA Rn. 45; weitergehend: das Offenbaren ist bei einer Strafanzeige des RA wegen Verstoß gegen § 263 StGB bei der Mandatierung zulässig, so Kleine-Cosack, BRAO, § 43 a Rn. 30). Ist der Anwalt Opfer einer von seinem Mandanten begangenen Straftat, darf er Strafanzeige erstatten, auch wenn mit ihr der Bruch der Verschwiegenheit verbunden ist (Henssler/Prütting, aaO, § 43a Rn. 111).
Aussageverweigerungsrecht in einem gerichtlichen Verfahren
Das Recht zu schweigen führt zu einem Zeugnisverweigerungsrecht im Zivilprozess gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6, § 385 Abs. 2 ZPO und im Strafprozessrecht nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 3, 53a StPO. Auf § 98 VwGO ist ebenso zu verweisen wie auf §§ 46 Abs. 2, 80 Abs. 2 ArbGG und für das Steuerrecht auf §§ 84 Abs. 1 FGO, § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO. Danach sind zur Verweigerung des Zeugnisses Personen berechtigt, denen kraft ihres Amtes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschriften geboten ist, bezogen auf die Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.
Dieses Zeugnisverweigerungsrecht soll den Konflikt mit dem berufsspezifischen Vertrauenstatbestand vermeiden. Dieser besteht nicht, wenn das Beweisthema eine Tatsache betrifft, deren Offenlegung den mutmaßlichen Willen der geschützten oder nicht mehr einwilligungsfähigen Person entspricht. Die Verschwiegenheitspflicht entfällt, wenn die Aussage durch Einwilligung oder vorrangige Interessen gerechtfertigt ist.
Zu beachten: z. B. im Steuerstrafverfahren lässt sich die Ermittlungsbehörde gerne eine – vorgedruckte – Schweigepflichtentbindungserklärung, die nur noch an den vorgegebenen Stellen anzukreuzen/auszufüllen ist, unterschreiben. Ob hier wirklich für einen konkreten Sachverhalt eine Entbindung von der Schweigepflicht vorliegt, muss im Einzelnen sehr genau geprüft werden; Vorsicht ist angebracht.
Verschwiegenheit des Anwalts als Betreuer / Nachlassverwalter / Mediator
Lange war es streitig, ob dann, wenn ein Rechtsanwalt zum Betreuer gemäß § 1901 BGB bestellt worden ist, er der Verschwiegenheit unterliegt. Der BGH hat die sehr streitige Frage in seinem B. v. 19.06.2013 – XII ZB 357/11 – verneint: Denn die „zum persönlichen Lebensbereich der Betreuten gehörenden Daten sind der (anwaltlichen) Betreuerin nicht als Rechtsanwältin“ anvertraut oder bekannt geworden. Sie wurden unabhängig von der spezifischen Berufsausübung erlangt und begründen damit keine weitergehenden Geheimhaltungspflichten; deshalb kann ein Betreuer seine Vergütungsforderung an eine anwaltliche Verrechnungsstelle abtreten, ohne dass ein Straftatbestand vorliegt; die Abtretung ist nicht nichtig gemäß § 134 BGB oder nach § 138 BGB wäre, wobei nur diejenigen Grunddaten an die Verrechnungsstelle weitergegeben werden dürfen und von dieser nur dazu gebraucht werden dürfen, um die Höhe der Vergütung zu berechnen.
Damit unterfallen also Vertreter, Vormund, Pfleger, Betreuer oder Verfahrensbeistand nicht der Schweigepflicht gemäß § 43a BRAO (hierzu: Henssler/Prütting, aaO, § 43 a Rn. 46 a).
Dagegen gehören zur anwaltlichen Berufsausübung die Tätigkeit als Vermittler, Schlichter oder Mediator, § 18 BORA. § 4 Meditationsgesetz beschreibt darüber hinaus eine originäre Pflicht zur Verschwiegenheit. Ein Treuhänder unterfällt auf jeden Fall der Verschwiegenheit, wenn der Treuhandvertrag Rechtsdienstleistungen zum Gegenstand hat (BGH NJW 1995, 1025). Auf jeden Fall ist der Rechtsanwalt, der als Insolvenzverwalter tätig ist, stets anwaltlich tätig (Henssler/Prütting, aaO, Rn. 46 a.E.).
Ein Rechtsanwalt, der als Vermittler, Schlichter oder Mediator tätig wird, unterliegt den Regelungen des Berufsrechts.
Damit ist der im Rahmen der Mediation tätige Rechtsanwalt zur Verschwiegenheit verpflichtet; verstößt er hiergegen, drohen ihm berufsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen (vgl. Scharmer, Hartung/Römermann, BORA, § 18 Rn. 29) und zwar unabhängig davon, ob im Mediationsvertrag eine Regelung über die Verschwiegenheit getroffen wurde. Der Rechtsanwalt darf keine Mediation als Mediator übernehmen, wenn er zuvor mit anderen Rechtssachen für einen der Beteiligten befasst war. Ist der Rechtsanwalt Mediator, ist er gehindert, Tatsachen, die ihm in Ausübung der Mediation bekannt geworden sind, Dritten mitzuteilen. Die Pflicht gilt gegenüber jedermann, auch gegenüber den Vertretern der Parteien wie deren Anwälten. Ein „Bruch“ der Verschwiegenheitspflicht kann allerdings dann nötig sein, wenn sämtliche Beteiligte gemeinsam den Mediator hiervon entbinden (vgl. Scharmer, aaO, § 18 BORA, Rn. 46); auch insofern ist die Annahme weiterer Mandate sowohl unter dem Gesichtspunkt der Verschwiegenheitspflicht, der Frage der Wahrnehmung widerstreitender Interessen einerseits, andererseits anhand des abgeschlossenen Mediationsvertrags zu prüfen. Eine Vertretung in anderen Angelegenheiten nach Abschluss des Mediationsverfahrens kommt grundsätzlich in Betracht; dies gilt nicht, wenn der Gegner ein Beteiligter des Mediationsverfahrens (wenn auch in anderem Lebenssachverhalt) war. Denn hier besteht die Gefahr, dass die weitgehend gewünschte „Öffnung im Mediationsgespräch“ auch auf andere Fälle Auswirkungen hat.
Steuerrecht/Betriebsprüfung
Grundsätzlich steht dem Rechtsanwalt ein umfassendes Schweigerecht zu, auch soweit seine eigenen steuerlichen Belange umfasst sind, § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO (zum folgenden: Henssler/Prütting, aaO, § 43 a BRAO Rn. 97).
Allerdings hat die Rechtsprechung diesen Grundsatz immer wieder eingeschränkt, um eine gleichmäßige Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG, § 85 AO) zu ermöglichen: Im Rahmen der Geltendmachung von Bewirtungskosten als Betriebsausgaben müssen auch der Bewirtungsanlass und die bewirteten Personen erwähnt werden. Die anwaltliche Schweigepflicht steht dem nicht entgegen. Der BFH ist der Auffassung, dass die Bestimmung des Einkommensteuerrechts zum Schutz des von der Rechtsordnung anerkannten Gutes der Besteuerungsgleichheit gelten und einem mit Verfassungsrang ausgestatteten öffentlichen Interesse und dem Schutz des Rechtsstaatsprinzips dienen muss. Deshalb erfordere es eine Güterabwägung zwischen der anwaltlichen Schweigepflicht und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Verpflichtend sind somit Angaben sowohl bezüglich des Bewirtungsanlasses sowie der an der Bewirtung teilnehmenden Personen mit der Begründung, dass die Finanzbehörden einem eigenen strafbewehrten Steuergeheimnis unterliegen unabhängig davon, dass behauptet wird, dass eine konkludente Einwilligung des jeweils an der Bewirtung teilnehmenden Mandanten vorläge (was nicht recht überzeugend erscheint).
Auch eine Außenprüfung kann angeordnet werden (BFHE 220, 313), unabhängig davon, ob die Betroffenen einer Schweigepflicht unterliegen (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer). Der Bundesfinanzhof ist der Auffassung, dass für die Mandanten, für die der Anwalt (oder Steuerberater) gegenüber den Finanzbehörden tätig ist, keine Verschwiegenheit gilt; auch sei wegen der Personenidentität ein Verzicht des Mandanten anzunehmen. Soweit Einblick in gespeicherte Daten gefordert wird, muss der Betroffene die Daten der Finanzbehörde aufbereiten oder ihr einen Datenträger zur Verfügung stellen, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen ist (§§ 146, 147 AO). Der Anwalt ist allerdings verpflichtet, sicherzustellen, dass ein Betriebsprüfer nur auf die Daten zugreifen kann, die für die Steuerpflicht des Anwalts von Bedeutung sind (durch geeignete Zugriffsbeschränkungen).
Ausführliche Handlungshinweise zum Vorgehen bei Betriebsprüfungen finden Sie hier.
Insolvenzantrag gegen den Mandanten
Kann ein Anwalt wegen offener Honorarforderungen einen Insolvenzantrag gegen seinen Mandanten stellen?
Die Verschwiegenheitspflicht findet seine Grenze dort, wo die Verteidigung des Rechtsanwalts in eigener Sache die Offenbarung seines beruflich erlangten Wissens rechtfertigt (Henssler/Prütting, aaO, § 43 a BRAO Rn. 101). Auch hier gilt das zum Strafantrag Dargestellte vergleichbar: Es ist die Verhältnismäßigkeit zu beachten.