Sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen,
der seit 02.11.2020 geltende „Lockdown-Light“ führt zu erneuten Einschränkungen im täglichen Leben. Bereits existierende Schutz- und Hygienekonzepte in Kanzleien müssen neu überdacht werden. Auch die Rechtsanwaltskammer München hat ihr Schutz- und Hygienekonzept den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Aktuell ist der Parteiverkehr nur nach vorheriger Terminvereinbarung möglich. Die Kontaktdaten finden Sie hier. Es finden aktuell keine Präsenzseminare statt. Wie Sie bereits wissen, musste auch die Kammerversammlung 2020 abgesagt werden. Im Hinblick auf die anhaltende Pandemielage wird diese nach dem COVID-19-Gesetz durch eine schriftliche Abstimmung ersetzt. Die Frist zur Einreichung von Anträgen ist bereits abgelaufen; Mitte November werden die Abstimmungsunterlagen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) versandt. Für die Stimmabgabe sieht das COVID-19-Gesetz Schriftform vor. Die Stimmabgabe kann daher schriftlich oder per beA mit elektronischer Signatur bis einschließlich 08.12.2020 erfolgen. Zur Erinnerung: Die Rechtsanwaltskammer München stellt auf ihrer Website ständig aktualisierte Informationen zum Umgang mit der COVID-19-Pandemie zur Verfügung. Hier finden Sie neben Antworten zu Fragen des Kanzleibetriebs unter anderem auch Informationen zu finanziellen Hilfen, zur Antragstellung bei der Überbrückungshilfe durch Rechtsanwälte und zum Sitzungsbetrieb der Gerichte.
Kontaktbeschränkung und Mandantenbesprechungen
Aufgrund der seit dem 02.11.2020 geltenden verschärften Kontaktregelungen stellt sich die Frage, ob Mandantenbesprechungen noch persönlich abgehalten werden dürfen, insbesondere, wenn auf Mandantenseite mehrere Personen aus unterschiedlichen Haushalten stehen.
Gemäß § 3 Abs. 3 der 8. BayInfSMV gelten die Kontaktbeschränkungen nicht für berufliche und dienstliche Tätigkeiten, bei denen ein Zusammenwirken mehrerer Personen zwingend erforderlich ist. Wir raten jedoch dazu, auf vermeidbaren Mandantenkontakt zu verzichten. Erforderliche Besprechungen sollten möglichst telefonisch oder digital durchgeführt werden.
Sollte ein persönliches Zusammentreffen zwingend erforderlich sein, sind die allgemeinen Hygienemaßnahmen zu beachten und die Infektionsrisiken bei erforderlichen Kontakten durch besondere Hygiene- und Schutzmaßnahmen (Maske, Mindestabstand, Desinfektion und Lüften) zu minimieren.
Maßnahmen im Falle des Kontaktes zu einer an SARS-CoV-2 infizierten Person
Positiv auf das SARS-CoV2-Virus getestete Personen müssen sich unverzüglich nach Kenntniserlangung des positiven Testergebnisses in Isolation begeben. Sie sind verpflichtet, sich beim zuständigen Gesundheitsamt zu melden und dieses über das Testergebnis zu informieren. Das Gesundheitsamt geht dem Fall nach und ermittelt die Kontaktpersonen.
Kontaktpersonen sind diejenigen, die während des infektiösen Zeitraums (irgendeinen) Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatten.
Das Gesundheitsamt entscheidet über die Kategorisierung der einzelnen Kontakte in Kontaktperson I, II oder III. Die Kategorisierung bildet die Grundlage für die Anordnung weiterer Maßnahmen, wie z.B. Quarantäne und Testung. So werden Kontaktpersonen der Kategorie I regelmäßig bis zu 14 Tage in häuslicher Quarantäne isoliert.
In die Kategorie I werden Personen mit mindestens 15-minütigem Gespräch und weniger als 1,5 m Abstand zu einer infizierten Person (Quellfall) eingeordnet; daneben auch alle Personen mit größerem Abstand, wenn sie sich mit dem Quellfall mindestens 30 Minuten in einem geschlossenen Raum mit hoher Aerosolkonzentration aufgehalten haben. Dies kann bei Auftreten eines Infektionsfalls zur Folge haben, dass alle anderen Personen, die mit der infizierten Person länger als 30 Minuten in einem geschlossenen Raum waren, als Kontaktpersonen I in häuslicher Quarantäne isoliert werden müssen. Insbesondere bei Gerichtsverhandlungen, Unterrichten, Fortbildungen und Besprechungen kann es hier schnell zu größeren Personalausfällen durch Quarantäne kommen.
Zur Einordnung in die verschiedenen Kategorien sowie de entsprechenden Handlungsempfehlungen verweisen wir auf das Merkblatt des RKI.
Für Kontaktpersonen der Kategorie II sind von der empfohlenen Kontaktreduktion auch möglicherweise im Zeitraum anberaumte Gerichtstermine betroffen. Erforderlichenfalls ist hier eine Terminsverlegung zu beantragen.
Quarantänepflicht nach der bayerischen Einreise-Quarantäne-Verordnung
Grundsätzlich gilt nach der bayerischen Einreise-Quarantäne-Verordnung eine Pflicht zur Quarantäne für alle Personen, die in den Freistaat Bayern einreisen, sich innerhalb von 14 Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben und nicht über einen gültigen negativen SARS-Cov-2-Test verfügen.
Relevante Ausnahmen im Bereich der Berufsausübung als Rechtsanwalt bestehen insbesondere für:
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Personen, die zwingend notwendig und unaufschiebbar beruflich veranlasst in das Bundesgebiet einreisen, § 2 Abs. 2 Nr. 4 EQV
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Personen, die weniger als 48 Stunden im Ausland waren und deren Aufenthalt im Ausland nicht der privaten Teilnahme an einer kulturellen Veranstaltung, einem Sportereignis, einer öffentlichen Festivität oder einer sonstigen Freizeitveranstaltung gedient hat, § 2 Abs. 2 Nr. 5 EQV
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Personen, die einen sonstigen triftigen Reisegrund haben; hierzu zählen insbesondere soziale Aspekte wie etwa […] Beistand schutzbedürftiger Personen.
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Personen, deren Tätigkeit für die Funktionsfähigkeit des Rechtswesens zwingend notwendig ist.
Nach Auskunft des BayStMGP sowie des BayStMJ ist für Rechtsanwälte im Einzelfall eine Ausnahme von der Quarantänepflicht auch nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 lit. c) EQV möglich. Für eine Ausnahme im konkreten Fall ist insbesondere maßgeblich, inwieweit das persönliche Erscheinen eines Rechtsanwalts bei feststehenden Gerichts- oder Mandantenterminen für die Funktionsfähigkeit des Rechtswesens unabdingbar ist bzw. ob eine Terminsverlegung oder Mandatsvertretung möglich und zumutbar ist.
Eine generelle Ausnahme von der Quarantänepflicht gem. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. c) EQV, die ausschließlich an die berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt anknüpft, besteht hingegen nicht. Dies entspricht auch der Handhabung für die Bediensteten bei den ordentlichen Gerichten und den Staatsanwaltschaften, so dass hier eine Gleichbehandlung aller Organe der Rechtspflege sichergestellt ist.
Wir weisen zusätzlich darauf hin, dass der Begriff der Systemrelevanz von der EQV nicht verwendet wird. Die Systemrelevanz von Rechtsanwälten bezog sich in der Vergangenheit ausschließlich auf die Notbetreuung und hat auf die EQV und insbesondere § 2 Abs. 2 Nr. 2 lit. c) EQV keine Auswirkungen.
Antragstellung für Überbrückungshilfe II seit 21.10.2020 möglich
Seit dem 21.10.2020 können über die gemeinsame bundesweit geltende Antragsplattform Anträge auf Überbrückungshilfe für den Zeitraum von September bis Dezember 2020 gestellt werden. Die sogenannte Überbrückungshilfe II knüpft an die Überbrückungshilfe I (Juni bis August 2020) an. Die Antragstellung erfolgt auch im neuen Verfahren über einen „prüfenden Dritten“, u.a. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte zudem an, dass entsprechend dem Entschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 14. Oktober 2020 aktuell ebenfalls daran gearbeitet werde, die Hilfen über den Dezember 2020 hinaus zu verlängern.
Weitere Informationen können Sie der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 21.10.2020, den FAQs „Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen“ des BMWi und unserer Website entnehmen.
Drei-Stufen-Plan zur Kinderbetreuung: Zulassungsbestätigungen
Am 07.09.2020 hat das BayStMAS in seinem 363. Newsletter allgemeine Informationen zur Kindertagesbetreuung zur Verfügung gestellt. Bei einer Verschlechterung des Infektionsgeschehens soll im Sinne eines abgestuften Vorgehens ein eingeschränkter Betrieb bzw. eine eingeschränkte Notbetreuung im Rahmen eines drei-Stufen-Plans zur Anwendung kommen.
In Stufe drei (erhöhtes Infektionsgeschehen) kann diesem Plan zufolge nur noch ein Teil der sonst betreuten Kinder zeitgleich bzw. gemeinsam betreut werden. Das örtlich zuständige Gesundheitsamt entscheidet ggf., ob eingeschränkter Betrieb oder eine eingeschränkte Notbetreuung stattfindet und gibt bei Bedarf auch vor, welche Gruppen eine Notbetreuung erhalten.
Im April dieses Jahres wurden Rechtsanwälte in den meisten Bundesländern als systemrelevant eingestuft, so dass die Rechtsanwaltskammer München derzeit davon ausgeht, dass Rechtsanwälten bei Eintritt in Stufe 3 bei Bedarf ein Anspruch auf Notbetreuung zusteht. Die Rechtsanwaltskammer München kann Ihnen in diesem Fall, sofern erforderlich, zur Vorlage bei der jeweiligen Betreuungseinrichtung eine Bestätigung darüber ausstellen, dass Sie zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind.
Maskenpflicht in Büros
Seit dem 20.10.2020 besteht bayernweit in allen Städten und Landkreisen, die einen Corona-Inzidenzwert von 35/100.00 Einwohner/7 Tage oder höher haben, in Bürogebäuden - und somit auch in Kanzleien - die Verpflichtung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Dies gilt Insbesondere in Fahrstühlen, Kantinen und Eingängen sowie auf den Fluren. Am konkreten Arbeitsplatz darf die Maske abgelegt werden, wenn der Mindestabstand von 1,50 Metern zu den Kollegen eingehalten werden kann. Von der Tragepflicht befreit werden können nur Personen, die aufgrund gesundheitlicher Probleme keine Masken tragen dürfen.
Das Oberlandesgericht München hat mit Schreiben vom 22.10.2020 bekannt gegeben, dass seit dem 26.10.2020 ab einem Inzidenzwert von 50/100.000 Einwohner/7 Tage im Landkreis des Ausbildungsstandortes auch in den Arbeitsgemeinschaften der Referendare eine Maskenpflicht gilt.
Information zum Gerichtsbetriebs am Landgericht Augsburg
Mit Schreiben vom 05.11.2020 hat der Präsident des LG Augsburg darüber informiert, dass angesichts der besonders hohen SARS-CoV-2-Infektionszahlen in Augsburg den Richtern des LG Augsburg dringend empfohlen wurde, Terminabsetzungen zu erwägen und verstärkt von der Möglichkeit des schriftlichen Verfahrens und der Kontaktaufnahme zu den Prozessbevollmächtigen beider Seiten im Wege der telefonischen Dreierkonferenz Gebrauch zu machen. Ausgenommen von dieser Empfehlung sind unaufschiebbare Eilfälle und Haftsachen.
Derzeit ist kein vollständiges Herunterfahren des Geschäftsbetriebes beabsichtigt. Gleichwohl wird erneut darum gebeten, ab sofort persönliche Vorsprachen auf Notfälle bzw. unaufschiebbare Angelegenheiten zu beschränken bzw. sofern kein bereits vereinbarter Termin besteht, zuvor mit dem Sachbearbeiter telefonisch Kontakt aufzunehmen.
Wir wünschen Ihnen, Ihren Familien, Kollegen und Mitarbeitern weiterhin alles Gute.
Bleiben Sie gesund!
Mit freundlichen kollegialen
Grüßen RA Michael
Then Präsident
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